Kaum hat die EU-Kommission DVB-H zum europäischen Standard für Handy-TV erklärt, legen die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten mit einem weiteren DMB-Pilotprojekt nach.
Nach dem WDR hat nun auch der MDR damit begonnen, die Verbreitung von Sendeinhalten übers Handy zu testen. „Für den deutschen Markt ist ungeachtet der Entscheidung der EU-Kommission für den DVB-H Standard unklar, welcher Standard sich letztlich durchsetzen wird. Im Vergleich zum DVB-H Standard bietet die Verbreitung über DMB gerade für den Hörfunk Vorteile mit Blick auf die lokale und regionale Verbreitung“, begründet MDR-Unternehmenssprecher Stephan Mugrauer diesen Schritt. Insbesondere erhofft sich der Sender Erkenntnisse über die Nutzung und Akzeptanz seiner Angebote bei jüngeren und mobilen Nutzern. So werden neben nachrichtenorientierten Radio- und TV-Beiträgen, auch Kinder- und Jugendsendungen für den Handy- Empfang ausgestrahlt.
Bei den privaten Programmveranstaltern läuten indes die Alarmglocken. „Es besteht aus unserer Sicht die Gefahr, dass der MDR derartige Pilotprojekte dazu nutzt, um Fakten zu schaffen und die bestehende Programm-zahldeckelung der ARD-Radioprogramme unterläuft“ befürchtet Hans-Dieter Hillmoth, Vorsitzender des Fachbereiches Radio & Audiodienste des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT). Der MDR sieht jedoch alle rechtlichen Anforderungen erfüllt und verweist darauf, dass das DMBProjekt zeitlich auf ein Jahr befristet und örtlich auf den Großraum Leipzig begrenzt ist. Die getroffenen Maßnahmen seien revidierbar.
Für den Dresdner Medienanwalt Dr. Daniel Brückl ist angesichts dieses Konfliktes jetzt die Politik gefordert. Nach seiner Auffassung könne es nicht darum gehen, den Rundfunkanstalten den Zugang zu neuen Übertragungsstandards zu verwehren. „Vielmehr bedarf es einer sachgerechten Neubewertung der Grundversorgung und der Programmaufträge, um eine übermäßige Expansion der öffentlich-rechtlichen Programme einzudämmen.“
„Das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss auch für neue Inhalte, Formate und Genres sowie für neue Verbreitungsformen offen bleiben“, verlangt Mugrauer. Für den MDR bedeute dies, dass er flexibel auf sich ändernde Nutzungsgewohnheiten reagieren können muss. „Zurzeit kann nicht prognostiziert werden, ob und in welchem Umfang mobile Angebote für Handy- TV bzw. DMB vom Nutzer angenommen werden.“
Und so halten sich sowohl MDR als auch WDR die Tür offen. Beide Pilotprojekte wurden so angelegt, dass deren Ergebnisse auch für DVB-H genutzt werden können. Das dürfte dann zumindest die EU-Kommission in Brüssel wieder etwas gnädiger stimmen.