Sie laufen orientierungslos über Straßen, sitzen blind hinterm Steuer oder verhindern Rettungsarbeiten. Der sogenannte Smombie ist auf Deutschlands Straßen auf dem Vormarsch. Wie groß schätzen Sie das Gefahrenpotential durch übermäßige Smartphone-Nutzung tatsächlich ein?
Zu diesem aktuellen und sehr brisanten Thema gibt es momentan leider (noch) keine erhobenen Daten sowie veröffentlichte Zahlen. Weder von der Polizei, noch vom Statistischen Bundesamt oder sonst einer Institution. Es vergeht jedoch kaum ein Tag, an dem wir nicht mit Nachrichten über schwer oder sogar tödlich verletzte Fußgänger und Autofahrer konfrontiert werden, die aufgrund von Ablenkung durch ihr Smartphone von einem anderen Verkehrsteilnehmer erfasst werden.
Täglich sehen wir Fußgänger, die blind über Straßenkreuzungen laufen und Autofahrer, die mit dem Handy in der Hand tippend durch die Innenstadt oder auf der Autobahn unterwegs sind. Ständige Erreichbarkeit und ein unstillbares Verlangen nach Neuigkeiten sind mittlerweile zu einer Sucht geworden, sodass es den Menschen egal ist, ob sie ohne Wahrnehmung durch die Stadt laufen oder im Blindflug über unsere Straßen fahren und damit nicht nur sich selbst sondern auch andere Verkehrsteilnehmer gefährden. Viele unterschätzen die Gefahren, die durch Ablenkung im Straßenverkehr entstehen; besonders jüngere Generationen, die praktisch mit dem Smartphone aufgewachsen sind. Wir von Mobil in Deutschland e.V. haben eine Verkehrszählung mit 36.000 Autos durchgeführt, die ergab, dass jeder 14. Autofahrer auf unseren Straßen kontinuierlich mit dem Smartphone in der Hand oder am Ohr unterwegs ist. Das Gefahrenpotential, das dadurch entsteht, ist in unseren Augen enorm groß.
Welche Empfehlungen geben Sie als Verkehrsclub, in Bezug auf eine korrekte Nutzung von Smartphones im Straßenverkehr?
Jeder Mensch, der auf unseren Straßen unterwegs ist, egal ob als Fußgänger, Fahrrad- oder Autofahrer, sollte seine volle Konzentration dem Verkehr widmen. Unsere bundesweite Verkehrssicherheitskampagne „BE SMART! Hände ans Steuer – Augen auf die Straße“ ruft Verkehrsteilnehmer, allen voran Autofahrer genau dazu auf. Ein Smartphone hat nichts in der Hand eines Fahrzeugführers zu suchen, wenn er im laufenden Verkehr unterwegs ist. Hält man jedoch an, steigt vom Fahrrad ab, bzw. stellt den Motor aus, gibt es keine Einwände, sein Handy zu benutzen. Ebenso gilt dies für Fußgänger, die beispielsweise auf einer Bank sitzen oder sich in öffentlichen Verkehrsmitteln aufhalten. Für Autofahrer haben wir den Rat: Wer am Steuer nicht auf sein Smartphone verzichten kann oder will, sollte sich entsprechende Freisprechanlagen einrichten, die beispielsweise per Sprachsteuerung aktiviert werden können.
Gleichzeitig sind digitale Dienste auf dem Smarthone auch sicherheitsbefördernd etwa wenn sie fest im Auto installiert auf Gefahrenpotentiale (Staus, Unfälle) hinweisen. Was können die Autohersteller tun, damit das Smartphones ein fester und sicherer Teil des Autos wird?
Das Problem liegt in unseren Augen vor allem an den Autofahrern selbst, die abgelenkt sind, weil sie ihr Smartphone zum Telefonieren oder Tippen in der Hand nutzen. Aber natürlich können auch autointerne Systeme zur Ablenkung beitragen. Je mehr an Armaturen herumgetippt wird, desto mehr Ablenkung findet statt. Je ergonomischer Knöpfe und Displays sind desto besser. Die Gefahr kann aber auch von Systemen ausgehen, die die Fahrt eigentlich sicherer machen. Abstandswarner können auch den Leichtsinn fördern, sich darauf zu verlassen und gleichzeitig auf dem Smartphone zu tippen. Eine 100%ige Lösung wäre erst ein selbstfahrendes Fahrzeug, das auch 100%ig sicher ist. Dann ist man aber nicht mehr Fahrer sondern nur noch Beifahrer. Und der darf und kann bekanntermaßen auch heute schon das Smartphone sicher nutzen. Unser genereller Rat an alle Autofahrer lautet deshalb: „BE SMART! Hände ans Steuer – Augen auf die Straße!“
Sollte der Gesetzgeber bis dahin den Missbrauch von Smartphones im Straßenverkehr stärker ahnden?
Nein. Wir haben ausreichende Strafen für Autofahrer. 100 EUR und 1 Punkt in Flensburg für Autofahrer sind ausreichend. Es lässt sich nicht alles über Strafen regeln. Wo man aber darüber nachdenken sollte wäre differenziert Straßen. Für Autofahrer, Fußgänger, Radfahrer, Busfahrer oder LKW-Fahrer. Bus- oder LKW Fahrer, die zum einen Personen befördern und damit automatisch noch viel mehr Verantwortung haben, oder zum anderen viel mehr Masse oder Gefahrengüter transportieren können stehen hier doch deutlich mehr in Verantwortung und Pflicht. Es ist geradezu grotesk, dass hier alle gleich behandelt werden.