Ende letzten Jahres sorgte Apple-Chef Steve Jobs für Schlagzeilen. Mit der Begründung „Radiosender-Apps sind wie Spam“, sperrte er die Möglichkeit, neue Radio-Apps im iTunes-Store hochzuladen. Nur Radio-Apps, die den Zugriff auf viele Stationen ermöglichen, seien sinnvoll, belehrte Apple die Programmveranstalter und ihre Hörer. Nach kurzen, heftigen Protesten können die Sender zwar wieder ihre Apps anbieten. Jetzt sollen sie sich aber einen 79 Euro teuren Entwickler-Account zulegen, um die Apps selber hochzuladen. „Derzeit erkennen wir, dass sich einige Plattformen ihrer Gatekeeper-Funktion bewusst werden und in die Geschäftsmodelle der Radiosender eingreifen“, kritisiert Jens Kerner, radio SAW-Sprecher, dieses Vorgehen. So gebe Apple jede App erst nach Prüfung im iTunes-Store frei und auch bei YouTube greife ein Kontrollmechanismus. „Es kann zukünftig sein, dass Plattformbetreiber immer mehr den Programminhalt kontrollieren. Diese Entwicklung dürfte nicht im Interesse der Programmveranstalter und auch nicht der Medienanstalten sein“, vermutet Jens Kerner.
Zum Vorwurf, Apple würde seine marktbeherrschende Position dazu benutzen, willkürlich Preise und Inhalte zu diktieren, wollte sich Pressesprecher Georg Albrecht auf Anfrage nicht äußern.
Dieses Schweigen nährt wiederum die Angst, marktbeherrschende Plattformbetreiber könnten schon bald vermehrt nach dem Motto agieren: Gib mir was ich fordere, oder du verlierst den Zugang zu deinem Internet-Publikum.
So appelliert Jens Kerner an seine Branchenkollegen, eigene Plattformen – wie beispielsweise Digital Radio – zu nutzen, um die Kontrolle über die eigenen Inhalte sowie den direkten Kontakt zu den Hörern nicht zu verlieren. „Ich halte es für problematisch, wenn Radiosender ihre eigene Plattform verlassen oder gar nicht erst wahrnehmen wollen – zum Beispiel die eigene Hörfunkplattform Digital Radio. Diese Radiosender begeben sich zwangsläufig in die Abhängigkeit von Dritten.“ Sie hätten keinen direkten Zugang mehr zum Hörer, sondern seien Content-Lieferant für fremde Plattformen wie Facebook, YouTube, iTunes oder Streaming-Plattformen, schätzt Kerner ein.
Diese Befürchtungen teilt Dr. Hans Hege, Direktor der Medienanstalt Berlin Brandenburg und Digitalbeauftragter der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten, nicht. „Uns sind bislang keine Fälle bekannt, dass Plattformanbieter ihre Position ausgenutzt haben. Schließlich sind die Plattformbetreiber darauf angewiesen, dem Zuschauer attraktive Inhalte anbieten zu können.“ Ein Regulativ sei auch der Wettbewerb der Plattformen. Dieser stelle sicher, dass nicht eine Seite allein die Konditionen der Verbreitung bestimmen kann.
Zudem definiere der Rundfunkstaatsvertrag die Regeln für einen chancengleichen, nicht diskriminierenden Zugang von Rundfunkangeboten zu Plattformen, erklärt Hege. „Bei unserer Regulierung haben wir insbesondere die kleineren Veranstalter im Blick, die eben nicht auf Augenhöhe mit den Netzbetreibern verhandeln können“, verspricht er.