Wer bei der kommenden Fußball-WM in Brasilien am schnellsten über die Tore von Klose, Götze & Co. jubeln möchte, muss auf das gute alte Radio setzen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Rangliste der wichtigsten Rundfunk- und Internetsysteme, die das Meinungsbarometer Digitaler Rundfunk gemeinsam mit dem MP3-Miterfinder Prof. Karlheinz Brandenburg von der TU Ilmenau und Direktor des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie zusammengestellt hat.
Die Rangliste wird angeführt vom UKW-Radio. Wenn die deutsche Nationalelf in Brasilien ein Tor schießt, kann der radiohörende Fan zu Hause gewiss sein, dass er das Tor nahezu zeitgleich erlebt. „In der Regel kann es lediglich zu Verzögerungen durch die Zuspielung kommen“, erklärt Technologieexperte Prof. Brandenburg. „Diese Verzögerungen gibt es aber bei allen Systemen.“ Wer die Spiele also über UKW empfängt, jubelt in der Nachbarschaft zuerst.
Bei den Radiosystemen kommt der nächste Torjubel vom Nachbarn mit Digitalradio. Während in Brasilien und auch im UKW-Radiodas Spiel schon wieder weitergeht, kommt dasTor im Digitalradio etwas später an. „Aufgrund des systembedingten Modulationsverfahrens ,COFDM‘ ist hier der Nachfolgestandard DAB+ langsamer in der Signalaussendung als das analoge Pendant.“ Immerhin werden die Verzögerungen von der besseren Sprach- und Klangqualität der Übertragung wieder ausgeglichen.
Wer die WM aber im Fernsehen schaut, und das ist ja die überwiegende Mehrheit der Deutschen, der muss länger auf die Tore warten als die radiohörenden Fußball-Fans. Immerhin ist die schnellste Fernsehtechnologie DVB-S ungefähr gleichauf mit dem Digitalradio DAB+. Beim Satellit kommt es zu Verzögerungen vor allem aufgrund des Modulationsverfahrens. „Hinzu kommen die sogenannten Up- und Downlinks von und zu den geostationären Satelliten, die zusätzliche zeitliche Verschiebungen verursachen“, so der Wissenschaftler. Vergleichbar mit DVB-S in Bezug auf die Verzögerungen ist das digitale Kabelfernsehen DVB-C. Allerdings können sich je nach Aufbau der Geräte in der Gesamtkette zusätzliche Verzögerungen ergeben, die an bestimmten Stellen (innerhalb der digitalen Modulationsverfahren) größere Auswirkungen haben.
Bleibt noch das digitale Antennenfernsehen DVB-T, bei dem unter anderem die systembedingten Verzögerungen durch das bereits bei DAB+ erwähnte Modulationsverfahren COFDM dazu führen, dass hier die Tore etwas langsamer fallen als über Satellit oder Kabel. Allerdings weist Karlheinz Brandenburg darauf hin, dass der Fußballfan zu Hause durchaus andere Erfahrungen machen kann, „was entweder an den verwendeten Geräten liegt, oder weil in der Zuspielung noch weitere Satellitenstrecken vorhanden sind“.
Mit Abstand auf den letzten Plätzen der Rangliste sind die Internet-Streamingdienste. Sowohl beim Streaming von Bewegtbildern als auch bei reinen Tonformaten sorgt die Pufferung des Signales grundsätzlich für einen Rückstand von mehreren Sekunden und damit zur größten Gesamtverzögerung aller untersuchten Systeme. In Brasilien ist dann vielleicht bereits das nächste Tor gefallen. Aus der Nachbarschaft erschallen zeitversetzt die nächsten Jubelschreie, während der Internet-Fan sich noch über das erste Tor freut.