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Forscher warnt vor Panikmache

Erst bei 50 Prozent E-Autos erhöht sich der Strombedarf um 10 Prozent

Prof. Dr. Eberhard Waffenschmidt, Technische Hochschule Köln, University of Applied Sciences, Lehrgebiet Elektrische Netze (Electrical Grids) Quelle: Technische Hochschule Köln Prof. Dr. Eberhard Waffenschmidt Forscher Technische Hochschule Köln 06.12.2017
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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"Erst wenn eine nennenswerte Anzahl E-Fahrzeuge unterwegs sind, wird es sich im Gesamtstrombedarf bemerkbar machen. Wenn die Hälfte aller PKW mit Strom fahren, erhöht sich der Strombedarf um etwa 10% bezogen auf den heutigen Strombedarf. Wenn alle PKW elektrisch fahren, entsprechend 20%. Bis dahin sollte es möglich sein, den entsprechenden Bedarf in anderen Bereichen einzusparen", so Prof. Dr. Eberhard Waffenschmidt von der Technischen Hochschule Köln.







Der Ausbau der Elektromobilität in Deutschland ist beschlossene Sache. Welche Bedeutung hat das für Strom- und Energiewirtschaft? 
Zunächst einmal untergeordnete. Erst wenn eine nennenswerte Anzahl E-Fahrzeuge unterwegs sind, wird es sich im Gesamtstrombedarf bemerkbar machen. Wenn die Hälfte aller PKW mit Strom fahren, erhöht sich der Strombedarf um etwa 10% bezogen auf den heutigen Strombedarf. Wenn alle PKW elektrisch fahren, entsprechend 20%. Bis dahin sollte es möglich sein, den entsprechenden Bedarf in anderen Bereichen einzusparen.

Sind die Netze ausreichend ausgebaut oder braucht es neue Netzstrukturen für die E-Mobilität?
In den meisten Fällen reichen die Netze zunächst aus. Das habe ich schon mehrfach im Rahmen von Lehrveranstaltungen berechnen lassen. Erstaunlicherweise führen höhere Ladeleistungen kaum zu höherer Netzbelastung als der Betrieb mit geringer Ladeleistung. Der Grund: bei höherer Ladeleistung sind die Autos schneller aufgeladen und dementsprechend weniger Autos gleichzeitig am Netz. Bei einer hohen Durchdringung lassen sich die bestehenden Netze mit einem passenden Lademanagement ohne wesentlichen Komfortverlust weiterhin nutzen. Man stellt sich das Laden von Elektroautos im allgemeinen so vor, dass eine sehr hohe Leistung notwendig wäre. Aber wenn man es mit existierenden Verbrauchern vergleicht, relativiert sich das: Ein durchschnittlicher Durchlauferhitzer zum Duschen benötigt eine Leistung von 20kW. Diese Leistung wird schon als höherer Ladeleistung gehandelt.

Wie steht es um die Sicherstellung von genügend Strom auch bei einer flächendeckenden Verkehrsinfrastruktur auf E-Basis? (Kurz gefragt könnten 46 Millionen PKWs, die heute mit fossilen Brennstoffen unterwegs sind, auch als E-PKW zu jeder Zeit mit Strom betankt werden?)
Wenn es um die reine Energie (also „Strom-Menge“) geht, sehe ich keine Probleme (siehe Antwort auf Frage 1). Die Frage, ob ein Laden zu jeder Zeit möglich wird, gilt für Autos genauso wie für beliebige andere Strom-Verbraucher. Und da gibt es nur eine Antwort: Wir brauchen Speicher. Wobei gerade Elektroautos in Zukunft ihren Beitrag dazu liefern können. Ich gehe davon aus, dass Elektroautos bald deutlich größere Reichweiten, also Batteriespeicher, bekommen. Damit wird sich auch das Ladeverhalten ändern. Da die maximale Reichweite im allgemeinen nur selten genutzt wird, wird ein Großteil der Batterie-Kapazität „herumstehen“ und könnte genutzt werden. Aufladen könnte man in den meisten Fällen dann, wenn Strom preiswert zur Verfügung steht.  Warum sollte man dann in Zukunft nicht tagsüber in der Firma seinen Wagen mit preiswertem und dann verfügbarem Solarstrom„ auftanken“, und diesen vom Chef „geschenkten“ Strom abends zum Fernsehgucken verwenden?

Welche energiepolitischen Rahmenbedingungen muss die Politik schaffen, damit das Wunschkind E-Mobilität auch in der Praxis funktioniert? (Stichworte Energiewende, Kohlestrom, Atomstrom, Zukauf von Strom etc.)
Die Energiewende zu Erneuerbaren Energien muss wieder die Dynamik des ersten Jahrzehnts erreichen. Die Hindernisse der letzten EEG-Reformen gehören aus dem Weg geräumt: Keine Abgaben auf Eigenverbrauch, Mieterstrom von Bürokratie und Abgaben befreien, keine Deckel durch Ausschreibungen, Markteinführung von Speichern, z.B. indem Netzbetreiber die Aufgabe Stromspeichern bekommen. Betrachten wir die Ausgaben nicht als Kosten sondern als Investitionen in die Infrastruktur für unsere Zukunft!!

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