Die Justiz soll in den nächsten Jahren digitalisiert werden. Wie steht es heute in Ihrem Bundesland um die E-Justiz?
Zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben für den elektronischen Rechtsverkehr und die elektronische Aktenführung bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften des Landes Schleswig-Holstein hat das Justizministerium gemeinsam mit den Präsidialgerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Fachgerichtsbarkeit sowie dem Generalstaatsanwalt das Gesamtvorhaben eJustizSH initiiert.
Dieses Gesamtprojekt bündelt alle Maßnahmen und Aktivitäten zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Aktenführung bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften in der schleswig-holsteinischen Justiz. Das Projekt eJustizSH hat folgende Ziele:
- Einführung elektronischer Posteingang
Alle Gerichte und Staatsanwaltschaften des Landes sowie die Bewährungshilfe sind bereits seit dem 15.11.2017 im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs erreichbar. Alle elektronischen Eingänge werden über die elektronische Kommunikationsplattform (eKP) verarbeitet, revisionssicher in VIS5 als Dokumentenmanagementsystem gespeichert, in ein PDF gewandelt und automatisiert auf einem separaten Drucker im Gericht ausgegeben. Im Bereich der Fachverfahren forumSTAR und EUREKA-Fach (ordentliche Gerichtsbarkeit, Sozial-, Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit) werden die Eingänge auch an das Fachverfahren übergeben.
- Einführung elektronischer Postausgang
Das Projektziel der Nutzung des elektronischen Postausgangs ab der Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs – sofern der Postausgang von den Fachverfahren unterstützt wird – ist ebenfalls erreicht. In den Bereichen, in denen wir die Fachverfahren forumSTAR oder EUREKA-Fach einsetzen, wird der elektronische Postausgang genutzt und über die eKP abgewickelt. Dies ist außer in der Staatsanwaltschaft und in der Arbeitsgerichtsbarkeit in allen Gerichtsbarkeiten der Fall. Die beA-Adressen der Rechtsanwälte werden in forumSTAR automatisiert eingepflegt.
- Einführung Elektronische Akte
In den Registergerichten werden die Akten bereits seit 2007 elektronisch geführt. Die Einführung der elektronischen Aktenführung in den 22 Grundbuchämtern des Landes wurde Ende 2016 abgeschlossen. In beiden Bereichen wird die elektronische Akte mit einer auf die Besonderheiten der Register- bzw. Grundakte angepassten Version des Produktes „VIS“ geführt.
Im Bereich der Justizverfahrensakten wird Schleswig-Holstein das System „VIS-Justiz“ einsetzen. Das Land hat mit den Ländern Baden- Württemberg, Sachsen und Thüringen eine Kooperationsvereinbarung „E-Akte als Service“ geschlossen.
Mit der Einführung der elektronischen Aktenführung in Verfahrensakten wird ab April 2019 begonnen. Pilotgericht ist das Arbeitsgericht Kiel. Die Vorbereitungen hierfür laufen planmäßig. Im Anschluss an die Pilotierung beim Arbeitsgericht Kiel soll die E-Akte zügig in der ganzen Arbeitsgerichtsbarkeit ausgerollt werden.
Die Digitalisierung erfordert von allen Beteiligten auch eine Umstellung ihrer Arbeit. Wie unterstützen Sie Juristen und Mitarbeiter auf diesem Weg?
Die bedarfsgerechte Qualifizierung und Schulung der Justizmitarbeiterinnen und -mitarbeiter gerade in diesem Bereich ist ein festgeschriebenes Ziel der Koalition. Entsprechend vielfältig sind auch die Aktivitäten hierzu, wobei mir gute Aus- und Fortbildungsangebote für die Beschäftigten nicht nur im Bereich Digitalisierung ein Anliegen sind.
Ganz konkret hat das Projekt eJustizSH sogenannte Qualifizierungswegweiser für Mitarbeiter und Führungskräfte erarbeitet. Diese helfen herauszufinden, ob und ggfls. auf welchem Gebiet die einzelne Mitarbeiterin oder der einzelne Mitarbeiter Fortbildungsbedarf hat und mit welcher Fortbildung oder Schulung dieser gedeckt wird. Hierbei geht es nicht nur um IT-Kompetenzen und rechtliche Neuerungen, sondern auch um Themen wie Arbeitsplatzorganisation und Teamwork in einem sich verändernden Arbeitsumfeld.
Auch um die Integration der neuen Anforderungen in die verschiedenen Ausbildungsgänge der Justiz kümmern wir uns.
Die Einführung der E-Akte wird natürlich durch flächendeckende Schulungen für die Arbeit mit der E-Akte und ein Coaching am Arbeitsplatz begleitet werden. Ergänzt werden sollen diese Maßnahmen durch ein umfassendes E-Learning-Angebot.
Experten befürchten Probleme beim Austausch von Akten zwischen den Gerichten der Länder, des Bundes und im Zweifel internationaler Gerichte sowie bei der Archivierung von Akten. Wie sehen Sie das?
Diese Befürchtung teile ich nicht. Seit der Umsetzung der SLIM-IV-Richtlinie zum 1.1.2007 tauschen die Registergerichte für Länder- und Fachverfahrensgrenzen bei Sitzverlegungen von Firmen auf Basis der Standards XJustiz und XDomea aus, ohne dass es dabei zu Problemen kommt.
Die Arbeitsgruppe für eine Langzeitspeicherlösung ist schon länger und mit konkreten Ergebnissen tätig, die bereits entsprechend in Schleswig-Holstein umgesetzt werden.
Nicht zuletzt die Pannen beim besonderen elektronischen Anwaltspostfach zeigen die datenschutzrechtlichen Herausforderungen an die Infrastruktur. Wie lässt sich Sicherheit im digitalen Rechtsverkehr herstellen?
Datenschutz und IT-Sicherheit sind nicht erst seit Einführung des digitalen Rechtsverkehrs ein Thema in der Justiz. Auch wenn die Abschaltung des beA uns mittelbar beeinträchtigt hat, weil Nachrichten derzeit auf diesem Wege nicht ausgetauscht werden können, ist die vonseiten der Justiz gestellte Infrastruktur von den Pannen des beA nicht direkt betroffen. Das EGVP – das elektronische Postfach der Gerichte – wird seit Jahren eingesetzt. Es wird selbstverständlich fortlaufend überprüft und aktuellen Sicherheitserfordernissen angepasst. Die Aufrechterhaltung der IT-Sicherheit ist ein stetiger Prozess, aber unsere Basis stimmt.
Auf der rechtlichen Seite kann ich darauf hinweisen, dass Schleswig-Holstein ein IT-Justiz-Gesetz hat, welches neben dem gerade an EU-Recht angepassten Landesdatenschutzgesetz gilt und die Organisation der IT in der Justiz bei Beachtung der Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit regelt. Wir sind also auch im Bereich der Rechtsnormen gut aufgestellt.