Nur wenige Bürger nutzen die Möglichkeit, sich mit ihrem Personalausweis auch elektronisch identifizieren zu lassen. Warum ist nach Ihrer Einschätzung so?
Die Vorteile der Online-Ausweisfunktion liegen eigentlich auf der Hand. Sie ermöglicht es dem Bürger sich gegenüber Unternehmen und Behörden im Netz sicher und im Handumdrehen zu identifizieren. Der persönliche Gang zum Bürgeramt oder beispielsweise zur Filiale eines Versicherers könnte so bald in vielen Fällen der Vergangenheit angehören. Er stellt so ein äußerst sicheres Identifikationsmittel im Internet dar.
Bislang wurde die Online-Ausweisfunktion allerdings nicht im erforderlichen Maße freigeschaltet. So war bei zwei Drittel der rund 51 Millionen ausgegebenen Personalausweisen und elektronischen Aufenthaltstiteln die eID-Funktion deaktiviert. Dies lag zum einen daran, dass ihre Vorteile und ihr Nutzen gegenüber dem Bürger in den Ämtern vor Ort sicherlich nicht immer ausreichend beworben wurden. Gleichzeitig bestand das Problem, dass die Bürgerinnen und Bürger bislang gezielt eine Freischaltung dieser Funktion verlangen mussten, dies aber nur wenige taten – sei es aus Bequemlichkeit, sei es, weil ihnen der mögliche Nutzen nicht ausreichend erläutert wurde.
Die eID-Funktion soll künftig automatisch aktiviert werden. Kann ein Gesetz der ungeliebten Funktion zum Durchbruch verhelfen?
Sie haben ganz Recht, dass sich die Online-Ausweisfunktion bisher nicht zu einer allseits bekannten und selbstverständlich genutzten Identifizierungsmöglichkeit entwickelt hat. Mit der Umkehrung des Regel-Ausnahmeprinzips und damit der grundsätzlichen Freischaltung der Online-Ausweisfunktion wollen wir dies ändern. Und sobald künftig mehr Bürgerinnen und Bürger diese Funktion nutzen können wird die bisher leider noch zu geringe Zahl der Anwendungen sicherlich ebenfalls steigen. Anders können wir diesen Teufelskreis – keiner Nutzer, daher keine Anwendungen und keine Anwendungen, daher keine Nutzer – nicht durchbrechen!
Das bisherige Verfahren für Diensteanbieter wird zudem vereinfacht. Damit wollen wir es den Behörden und Unternehmen einfacher machen, mehr und weitere Anwendungen bereitzustellen. Beispielhaft hierfür ist das künftig mögliche „Vor-Ort-Auslesen“. Damit können Bürgerinnen und Bürger ihren Personalausweis dazu nutzen, in Behörden oder etwa bei der Post elektronische Formulare auszufüllen. Dies geht schnell und verhindert Schreibfehler, denn im Formular stehen „auf Knopfdruck“ die korrekten, von staatlichen Meldebehörden geprüften Daten.
Datenschützer haben grundsätzliche Bedenken gegenüber der eID geäußert. Wie sehen Sie das?
Der Personalausweis selbst und auch die Technik zur Nutzung der Online-Ausweisfunktionen sind durch höchste Sicherheitsstandards vor Missbrauch geschützt. Die Sicherheit beruht dabei auf dem allgemein anerkannten Prinzip der 2-Faktor-Authentisierung. Das im Detail gewählte Verfahren ist dabei so sicher, dass Deutschland mit der eID-Funktion als erster Mitgliedstaat der Europäischen Union den Standard der EU-eIDAS-Verordnung erfüllt. Zugleich überwachen künftig die Datenschutzbehörden die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen durch die kommerziellen Nutzer der Online-Ausweisfunktion. Und um einen Missbrauch auch im Falle des Verlusts auszuschließen, steht allen Verwendern eine Sperrhotline zur jederzeitigen Deaktivierung zur Verfügung. Daher besteht aus meiner Sicht kein Grund zur Beunruhigung.
Ganz im Gegenteil: durch die neue Technik können datenschutzrechtlich sensible Behördendienstleistungen wie etwa die Ausstellung eines Führungszeugnisses per Internet sicher abwickelt werden. Dies war bisher so nicht möglich. Daher verbessert die Online-Ausweisfunktion die Sicherheit im elektronischen Verkehr mit Behörden und Unternehmen. Bei keinem anderen Verfahren können zertifizierte Anbieter auf eine vom Staat bereitgestellte, sichere und verlässliche Infrastruktur zur gegenseitigen Identifizierung im Internet zurückgreifen.
Im Zuge der Gesetzesnovelle sollen Geheimdienste ab 2021 automatisierten Zugriff auf einzelne Daten erhalten. Wie bewerten Sie das?
Nachrichtendienste und Polizeibehörden können künftig die Pass- und Personalausweisregister zum automatisierten Abruf von Lichtbildern nutzen. Eine Person, von der Sicherheitsrisiken ausgehen, können Nachrichtendienste und Polizeibehörden somit künftig schneller als bisher überprüfen. Während eine solche Überprüfung bisher mehrere Tage in Anspruch nehmen konnte und nur zu den üblichen Geschäftszeiten möglich war, ist sie bald in wenigen Minuten möglich. Ebenso besteht bei den bisher üblichen manuellen Abfragen im Falle der Nachrichtendienste die Gefahr einer Enttarnung oder der Vereitelung von Maßnahmen. Ziel muss es doch sein, ein für alle Beteiligten effizientes und vertrauenswürdiges Verfahren zu finden. Dem Datenschutz wird ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass alle Abrufe automatisch protokolliert und für die Abrufe und die Nutzung sichere Wege für den Datentransport genutzt werden müssen.