Meinungsbarometer: Herr Prof. Reiter, Sie haben die Digitalisierung des Rundfunks zum Schwerpunkt Ihrer Amtszeit erklärt. Wie zufrieden sind Sie mit dem aktuellen Stand der Rundfunk-Digitalisierung in den drei mitteldeutschen Ländern?
Prof. Reiter: Es ist schon einiges erreicht und es geht weiter gut voran. Mittlerweile spielt die Digitalisierung im Bewusstsein der Programmmacher und vor allem der Nutzer eine wichtige Rolle. Fernsehen, Radio und Telemedien verschmelzen immer mehr, sie ergänzen und bedingen sich gegenseitig. Die Zahl der Breitbandanschlüsse steigt und das digitale Antennenfernsehen DVB-T konnte entgegen mancher Bedenken in einer konzertierten Aktion unter starker Beteiligung von ARD und ZDF in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen etabliert werden. Bei der Satellitenübertragung geht es voran, beim Kabel allerdings ist noch einiges zu tun. Bei den Medienangeboten setzen die Nutzer immer mehr auf zeit- und ortsunabhängige Nutzung. Darauf stellt sich der MDR ein - gerade haben wir dem Rundfunkrat unseren zweiten Digitalisierungsbericht vorgelegt. Am besten sagen wir die Zukunft voraus, indem wir sie mitgestalten.
Wie wird Digital Radio in Mitteldeutschland eingeführt?
Das hängt maßgeblich von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) ab. Sie berät derzeit über die Anerkennung des Digital Radio-Projektantrags von ARD und Deutschlandradio. Damit verbunden wären dann finanzielle Mittel für einen Neustart von Digital Radio in der laufenden Gebührenperiode. Schon im April 2008 haben sich MDR, Deutschlandradio, die privaten Programmveranstalter sowie die Landesmedienanstalten in Mitteldeutschland auf eine gemeinsame Linie dazu verständigt.
Wann meldet der MDR seinen Bedarf an?
Der MDR hat die Bedarfsanmeldung mit den Landesmedienanstalten der drei Länder und dem Deutschlandradio bereits abgestimmt. Konkret werden kann eine Anmeldung aber erst nach einer Zustimmung der KEF.
Welches zusätzliche Digital-Radio-Programm wird in den drei mitteldeutschen Ländern eingeführt? Wir freuen uns über den Beschluss der Rundfunkkommission, zusätzliche über Digital Radio plus verbreitete Hörfunkprogramme veranstalten zu können. Das bietet die Möglichkeit, auf differenzierte Programmbedürfnisse und ein vielfältiges Nutzungsverhalten reagieren zu können und der medienpolitischen Erwartung Rechnung zu tragen, über DAB+
zusätzlichen programmlichen Mehrwert bereit zu stellen. Derzeit finden erste Überlegungen statt, die aufgrund der Aktualität natürlich noch ganz am Anfang sind.
Und zu welchem Zeitpunkt wird UKW in den drei Ländern abgeschaltet?
Der Sendernetzausbau für den Neustart von Digital Radio wird voraussichtlich ab 2010 stufenweise erfolgen. Einen langen Parallelbetrieb wird sich niemand gern leisten wollen. Im Interesse unserer Zuhörer ist eine Abschaltung aber erst dann sinnvoll, wenn Digital Radio eine ausreichende Marktdurchdringung erreicht hat. Das wird meines Erachtens noch einige Zeit dauern. Insgesamt sollten alle Beteiligten eine bundesweit einheitliche Abstimmung anstreben.
Wie geht es weiter mit digitalem Fernsehen - Ist grundverschlüsseltes DVB-T per Standard MPEG-4 das Format der Zukunft oder wird schon mit DVB-T2 geplant?
Eine Migration zu DVB-T2 ist derzeit nicht geplant. Dieser Standard ist aus rein technischer Sicht beispielsweise bestens geeignet, um HDTV-Programme terrestrisch zu übertragen. Dazu gibt es unsererseits aber weder Planungen noch die dafür erforderlichen Frequenzressourcen. Eine Grundverschlüsselung lehnen wir nach wie vor ab.
Wie beurteilen Sie den Stand des 2008 abgeschlossenen MDR-Projektes Handy-TV per DMB?
Wir haben Erfahrung bei Technik, Inhalten und Arbeitsabläufen sammeln können. Das eigens entwickelte Nachrichtenkurzformat MDR eins30 fand sogar Einzug ins MDRFernsehen. Unsere Begleitstudie zeigt, dass etwa zwei Drittel der Befragten MobilTV durchaus aufgeschlossen gegenüberstehen, klare Präferenzen lassen sich aber nicht ableiten. Eine Verbreitung des Programms über Handy-TV im Regelbetrieb ist derzeit nicht geplant.