Bei den Lehrern herrscht große Skepsis gegenüber digitalen Lehrmedien, so glaubt nicht mal jeder vierte Lehrer daran, dass digitale Medien dabei helfen, den Lernerfolg ihrer Schüler zu verbessern. Woher kommt diese Skepsis?
Lehrer stehen der Digitalisierung nicht skeptisch gegenüber – eine gewisse angebliche Skepsis wird hier auch oft konstruiert. Im Gegenteil, sie sind dem Thema gegenüber sehr offen, sind sehr interessiert und möchten viel bewegen. Es geht ihnen jedoch darum, den Digitalisierungsprozess immer mit Fokus auf dem pädagogischen Mehrwert zu betrachten und voranzubringen. Daher ist es wichtig, die Digitalisierung realistisch zu betrachten, sie auch kritisch zu hinterfragen und die Schüler auf den richtigen Umgang mit digitalen Medien vorzubereiten – denn hier gilt wie so oft: Auf das richtige Maß kommt es an. Mit realistischen Rahmenbedingungen an den Schulen kann der Digitalisierungsprozess entsprechend pädagogisch begleitet werden. Wertevermittlung, Demokratieerziehung und Digitalisierung sind in einer modernen Schule nicht mehr voneinander zu trennen.
Der Bildungsmonitor fordert Ausbildung an digitalen Medien als Lehr- und Lernmittel verpflichtend im Lehramtsstudium. Wie sehen Sie das?
Im Studium müssen Grundelemente der Digitalisierung besprochen und auch umgesetzt werden – beispielsweise, wie man didaktisch mit dem Thema Digitalisierung an Schulen umgeht. In der zweiten Phase der Lehramtsausbildung, dem Referendariat, muss Digitalisierung ebenso eine Rolle spielen, muss also sowohl in Phase I als auch in Phase II verankert werden. Digitalisierung ersetzt jedoch keinesfalls die Pädagogik – eine fachliche Ausbildung ist unersetzlich. Es ist wesentlich, dass die Lehrkraft in beiden Bereiche bestens ausgebildet ist: pädagogisch und didaktisch. Gerade mit dem Voranschreiten des Digitalisierungsprozesses an den Schulen ist die Lehrkraft mit ihren pädagogischen Fähigkeiten mehr denn je gefragt; die einzelne Lehrkraft ist der ausschlaggebende Faktor für eine gelingende Einbindung der Digitalisierung in den Schulalltag.
Die Hälfte aller Lehrer ist unzufrieden mit der technischen Ausstattung ihrer Schule. Was muss die Politik tun?
Die Ausstattung der Schulen mit digitalen Mitteln ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe – Bund, Länder und Kommunen sind hier gleichermaßen gefragt. Es ist wichtig, dass die Schulen mit entsprechenden Netzwerkstrukturen ausgestattet sind und dass ein Grundbestand an digitalen Unterrichtsmitteln vorhanden ist. Jedoch ist ebenso wichtig, dass die Schüler ihre eigenen digitalen Lernmaterialien mit in die Schulen bringen können – Bring Your Own Device (BYOD) lautet hier das Stichwort.
Der Bildungsmonitor fordert ein gemeinsames Gütesiegel und eine deutschlandweit zugängliche Plattform für digitale Lernmaterialien. Wie viel Bildungsföderalismus ist angesichts einer vernetzten Welt noch sinnvoll?
Es ist sehr wichtig, dass digitale Unterrichtsmittel für alle Lehrkräfte deutschlandweit zugänglich sind – dies ist allerdings völlig unabhängig vom Bildungsföderalismus. Der Föderalismus sollte beibehalten werden – in den einzelnen Bundesländern gibt es Besonderheiten, die berücksichtigt werden müssen, und natürlich muss die Qualität immer eine Rolle spielen. Digitalisierung und Bildungsföderalismus haben meines Erachtens allerdings nichts miteinander zu tun. Unterrichtsmaterialien sollten vernetzt werden – dies ist jedoch in einem föderalen System genauso möglich wie in einem anderen System.
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