Insgesamt 4,38 Milliarden Euro hat die Bundesregierung durch die Versteigerung von Frequenzen – darunter ehemalige Rundfunkfrequenzen im 800 MHz-Band – eingenommen. Dieses Geld geht vorerst komplett an das Bundesfinanzministerium. In Anbetracht von Sparmaßnahmen und Transferleistungen für Griechenland drohen die Erlöse der Digitalen Dividende nun im angeschlagenen Haushalt der Bundesregierung zu verschwinden. Wofür die Versteigerungserlöse verwendet werden, war jedenfalls im Finanzministerium nicht zu erfahren. Auch auf die Anfrage des Meinungsbarometer Digitaler Rundfunk, wer denn wann über deren Verwendung entscheidet, wollte sich die Behörde nicht äußern.
Dabei haben schon mehrere Seiten gefordert, dass sie bei der Verteilung der Erlöse berücksichtigt werden. So appelliert der Verband APWPT (Anwender drahtloser Produktionstechnik): „Der Bund muss die wesentlichen Kosten der Frequenz-Umstellung tragen. Er darf sich nicht durch Verfahrens-Tricks aus der Verantwortung stehlen.“ Von öffentlich-rechtlichen Programmveranstaltern wird zum Beispiel eine Kostenerstattung für den notwendigen Umbau der DVB-T-Sender und die Anschaffung neuer Drahtlos-Technik angemahnt.
Doch viele Betroffene werden anfallende Kosten voraussichtlich selbst bezahlen müssen. Dr. Bernd Pfaffenbach, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, bestätigte auf Anfrage, die Bundesregierung werde nur solche Kosten berücksichtigen, die in direktem Zusammenhang mit der Frequenzumstellung stehen. „Dies betrifft etwa die Verlagerung eines DVB-T-Senders aus dem künftig vom Mobilfunk genutzten Bereich.“ Ausgeschlossen seien dagegen Koordinierungskosten, die den Netzbetreibern entstehen, wenn Nachbarstaaten den Bereich der „Digitalen Dividende“ für Nicht-Rundfunkanwendungen nutzen. Werden hingegen bestehende Empfänger durch neue Mobilfunkanwendungen im Bereich 790 bis 862 Megahertz gestört, würde dies unter die Verantwortung des jeweiligen Mobilfunknetzbetreibers fallen. „Dieser hat in solchen Fällen auf eigene Kosten unbürokratisch für Abhilfe zu sorgen“, so Dr. Pfaffenbach.
Dieses Entschädigungs-Szenario könnte schon bald Wirklichkeit werden. „In die Versteigerung der Frequenzen haben wir 1,43 Milliarden Euro investiert“, begründet Thorsten Höpken, Pressesprecher Vodafone Deutschland, einen straffen Zeitplan für den bevorstehenden Aufbau einer mobilen breitbandigen Internetversorgung. „Die Vorbereitungen für den Netzausbau haben bereits begonnen, noch wurden die ersteigerten Frequenzen von der Bundesnetzagentur aber nicht zugewiesen“, so Höpken.
Damit der Breitbandinternet-Ausbau auch wirklich flächendeckend vorangetrieben wird, hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) eine sogenannte „Versorgungsverpflichtung“ vorgesehen. Die Mobilfunker sind demnach verpflichtet, bei der Frequenznutzung im Bereich 800 MHz in allen Bundesländern ab dem Jahr 2016 in unterversorgten Städten und Gemeinden einen Versorgungsgrad von mindestens 90 Prozent der Bevölkerung zu erreichen. „Wir haben mit der Ausbauverpflichtung sichergestellt, dass die 800 MHz-Frequenzen erst dann in den lukrativen Ballungsgebieten genutzt werden dürfen, wenn zuvor die weißen Flecken versorgt sind“, kommentiert der Präsident der BNetzA, Matthias Kurth.
Obwohl dem Rundfunk Frequenzen entzogen wurden, sieht Staatssekretär Pfaffenbach ihn auf der Siegerseite: „Insgesamt ist erfreulicherweise festzustellen, dass die Diskussion um die Umsetzung der Digitalen Dividende neben dem Mobilfunk insbesondere auch zu einem Innovationsschub im Rundfunk und der Drahtlostechnik geführt hat.“ Damit werde die Digitale Dividende „schlussendlich zu einem Gewinn für alle Beteiligten“.