Meinungsbarometer: Herr Langheinrich, die Internationale Funkausstellung steht vor der Tür - was sollen Aussteller den Verbrauchern sagen, die sich in den letzten Monaten ein DAB-Gerät gekauft haben bzw. sich vielleicht gerade eins kaufen wollen?
Thomas Langheinrich: Für digitales Radio wurde ein neuer Standard zur Datenkompression entwickelt, der die Übertragung von mehr Programmen pro DAB-Kanal erlaubt. Damit werden die Verbreitungskosten gesenkt und die Frequenzökonomie gesteigert. Gegenwärtig on air befindliche Programme im alten DAB-Standard werden aber wohl kaum morgen abgeschaltet, sondern zunächst weiter im bisherigen Kompressionsstandard verbreitet. Ich gehe allerdings davon aus, dass auf der IFA die ersten Geräte zu sehen sein werden, die sowohl den neuen als auch den alten Standard verarbeiten können. Auch haben wir von einzelnen Herstellern gehört, dass es upgrade-fähige Empfänger geben soll, die später auf den aktuellen Standard hochgerüstet werden können.
Nach dem erfolglosen Experimentieren mit DAB - wie wollen Sie private Programmanbieter jetzt motivieren auf die neue Technologie DAB+ zu setzen?
Viele Radioveranstalter haben inzwischen erkannt, dass sie ein zukunftsorientiertes Übertragungssystem brauchen, mit dem sie dem Radio ein neues Gesicht geben können, um für Zuhörer und Werbewirtschaft noch attraktiver zu werden. Dazu kommt, dass bestehende Leistungseinschränkungen des heutigen DAB-Radios, z. B. beim Inhouse-Empfang, beim neuen Digital Radio, kein Thema mehr sein sollten. Durch die Wellenkonferenz in Genf haben wir im Band III Platz für leistungsstarke Sender.
Wie bekommen Sie die ARD mit ins Boot, die ja aufgrund fehlender Endgeräte für DAB+ weiter auf DAB/DMB setzen?
Die geänderten Nutzungsgewohnheiten beim Medienkonsum und auch neue Möglichkeiten der Werbung haben Auswirkungen auf private und öffentlich-rechtliche Veranstalter. Deswegen hat wohl auch die ARD ein großes Interesse bei DAB+ dabei zu sein. In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten und der Landesmedienanstalten erstellen wir gerade ein Frequenzkonzept als Grundlage für eine Einführung von DAB+ und DMB.
Für DAB+ werden neue Empfänger benötigt. Bei DAB hat es lange gedauert bis auch in Deutschland eine Vielfalt an Endgeräten im Handel war. Werden wir uns auf einen ähnlich zähen Prozess einstellen müssen?
Wir haben heute andere Verhältnisse als beim Einstieg in DAB vor zehn Jahren. Viele sind heute an einem gemeinsamen Start des neuen Digital Radio interessiert. Wenn ein solcher Start etwa im Jahr 2009 von nahezu allen Veranstaltern getragen wird und wir dies vorher auch der Geräteindustrie deutlich machen können, dann wird es auch passende Endgeräte zu marktgerechten Preisen geben.
Der Chef der Rundfunkkommission der Länder, Kurt Beck, hat hier im Meinungsbarometer die Landesmedienanstalten aufgefordert, ein Umstiegssszenario für digitales Radio zu entwickeln. Wann wird ein solches Szenario vorliegen?
Die Landesmedienanstalten, die öffentlichrechtlichen und privaten Programmveranstalter haben kürzlich Positionspapiere veröffentlicht, die ein eindeutiges Bekenntnis zum digitalen Hörfunk enthalten. Die Bundesnetzagentur ist an einer effektiven Frequenznutzung interessiert und arbeitet deshalb intensiv an der Koordinierung von Frequenzen. Wir haben also alle wichtigen Partner grundsätzlich an Bord. Wenn dann auch noch eine vernünftige Aufteilung der Kapazitäten zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern gelingt und die Kreativität der Programmmacher richtig genutzt werden kann, dann haben wir eine gute Basis für eine marktgetriebene Ergänzung des guten analogen UKW-Radios mit einem noch mehr Vielfalt bietendem Digital Radio.