Am 16. Juni hat die britische Regierung ihren endgültigen Digitalisierungsbericht „Digital Britain“ vorgelegt. Darin schlägt die Regierung vor, dass sich der Hörfunk dem „digitalen Upgrade“ unterzieht, damit alle britischen Hörfunkveranstalter ab 2015 ausschließlich digital senden. Zudem fordert „Digital Britain“ die Europäische Kommission auf, ein einheitliches europäisches Vorgehen bezüglich Digital Radio anzuregen. Angesichts der deutschen Probleme mit Digital Radio beleuchtet Meinungsbarometer Digitaler Rundfunk die Hintergründe dieses Vorpreschens der Briten.
Die Vorreiterrolle seines Landes bei der Digitalisierung des Hörfunks begründet Peter Davies, Leiter Radiopolitik & Rundfunk-Lizensierung bei der britischen Medienaufsicht Ofcom: „Im Vergleich zur großen Mehrheit der europäischen Staaten haben wir in den letzten Jahren entscheidende Fortschritte bei der Radiodigitalisierung gemacht.“ Gemessen an Reichweite, Gerätezahlen und Anzahl der Sender sei Großbritannien heute einer der am weitesten entwickelten Märkte für Digital Radio in Europa. „Zum Beispiel besitzt schon jeder dritte britische Haushalt ein DAB-Radio“, führt Davies an. Die Reichweite von DAB habe in den letzten Jahren mit der Einrichtung weiterer Multiplexe und Sendestationen zugenommen: „Schon 2008 konnten 90 Prozent der Bevölkerung mindestens einen Multiplex empfangen, die meisten jedoch drei oder mehr.“
Seine Einschätzung belegt Davies mit harten Fakten: „Aktuell hat die Ofcom einen landesweiten und 60 lokale DAB-Multiplexe mit jeweils bis zu 10 Kanälen lizensiert.“ Zusätzlich betreibe die BBC einen landesweiten Multiplex mit 11 Kanälen. Somit gebe es in Großbritannien mehr als 170 Sender, die DAB verbreiten. „Derzeit hört mehr als ein Drittel der Briten wöchentlich auf digitalem Wege Radio.“ Gemessen an der gesamten Radionutzung habe DAB bereits einen Anteil von 12,7 Prozent.
Als wichtigste Begleitumstände bei der erfolgreichen Einführung von Digital Radio in Großbritannien nennt Davies die kontinuierlich entwickelte Reichweite und Zahl an kommerziellen und öffentlich-rechtlichen Digitalsendern. Außerdem seien Endgeräte überall zum kleinen Preis zu haben. Auch betreibe die BBC mehr als 100 digitale Sendeanlagen. Alle landesweiten und die Mehrzahl der regionalen und lokalen Analog-Radiodienste würden jetzt auch digital verbreitet. „Wegen ihrer dominanten Position – auf ihre Sender entfällt mehr als die Hälfte des britischen Radiokonsums – kann die BBC als Garant für die erfolgreiche Einführung von DAB angesehen werden“, betont Davies.
„Da sowohl private Rundfunkveranstalter als auch die BBC enorme Summen in die DAB-Infrastruktur investiert haben, glauben wir, dass die DAB-Systemfamilie für die Zukunft von Digital Radio in Großbritannien entscheidend sein wird“, blickt er voraus. Auch die in Deutschland kursierende Meldung, mit GCap Media hätte einer der Vorreiter von Digital Radio das Handtuch geworfen, kann Davies entkräften. „GCap Media wurde von Global Radio geschluckt und die stehen voll hinter DAB.“
Dagegen sehen weder die Ofcom noch die Regierungsstrategie direkte Finanzhilfen für die weitere Digitalisierung des Hörfunks vor. Vielmehr sollen indirekte Anreize gesetzt werden. So habe die Ofcom vorgeschlagen, es regionalen UKW-Sendern zu erlauben, landesweite DAB-Programme auszustrahlen.