Eine Böhmermann-Satire zeichnet von der deutschen Pop-Musik das Bild des Rückfalls in die Heile-Welt-Klischees der 1950er vor. Teilen Sie diesen Befund?
Dieser Befund wäre mir ein bisschen zu vereinfacht bzw. zu kurz gegriffen. Zumal ich glaube, dass er den Kern von Jan Böhmermanns Satire nicht in Gänze trifft. Popmusik, die über viele verschiedene Ziel- und Altersgruppen hinweg ihr Publikum erreichen soll, hatte schon immer einen textlich universelleren bzw. vereinfachten Ansatz. Das war schon immer so und hat sich auch nicht geändert. Egal ob in Deutschland, in England oder den USA. Es ging in dem Satirestück aus meiner Sicht auch darum, dass man ruhig offen damit umgehen soll, dass man als Sänger/in oder Band auch mit professionellen Songschreibern zusammenarbeitet. Und das stimmt. Es ist nichts Ungewöhnliches dabei. Seit den 50er-Jahren bis heute ist es in der US-Musikbranche ganz normal, dass auch die Hits von großen Interpreten von Aretha Franklin bis zu Pink von Songschreibern zumindest mitgeschrieben wurden. Das kann eine gute Arbeitsteilung sein. Große Hits für große Interpreten.
Der Böhmermann-Beitrag beklagt häufiges Produkt-Placement in Video-Clips zu Popsongs. Welche Regeln sollten für diese Art der Werbung gelten?
Es gab im vergangenen Jahr unter anderem eine Untersuchung im Rahmen einer Masterarbeit in Hannover zu Product Placement in Musikvideos, die durch die Presse ging und dieses Phänomen auch bestätigte. Allerdings wurde an dieser Stelle auch dem Umstand Rechnung getragen, dass es im Streaming-Zeitalter für die Musikschaffenden immer schwieriger wird, mit der Musik selbst genug Geld zu verdienen und deswegen genau diese Sponsoring-Varianten angewendet werden. In erster Linie wohl auch in Genres wie Hip-Hop und Rap. Letztlich muss das jede(r) Künstler(in) mit sich selbst ausmachen, ob und in welchem Ausmaß so etwas im Rahmen des Erlaubten in Ordnung geht oder eine gewisse Grenze überschritten wird.
Viele Künstler, die mit ihren Alben in den Charts, sehr erfolgreich sind, finden im klassischen Musikradio wenig statt. Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Die Frage ist sehr allgemein formuliert. So gesehen kann das Alben/Singles von Deep Purple über Bushido bis zu Helene Fischer betreffen. Und darin liegt eigentlich auch schon die Antwort. Auch diese Interpreten finden im Radio statt. Aber eben in sehr zielgruppenspezifischen Sendern, Sendungen und Formaten, weil das Interesse eben auch recht speziell ist beziehungsweise die Geschmäcker bekanntlich unterschiedlich ausfallen. Das fällt bei einem Audio-Medium natürlich stärker ins Gewicht. In einer Zeitschrift blättere ich über den Artikel einer Band die mich nicht interessiert einfach hinweg. Wenn mir der Song im Radio nicht gefällt, muss ich ihn drei Minuten aushalten, oder eben umschalten. Schön für diese verschiedenen Künstler bzw. Genres ist auf der anderen Seite, dass sie sehr treue Fans haben. Deswegen kommen in der jeweiligen Zielgruppe die Alben und Konzerte besonders gut an.
Ein Blick in die Kristallkugel: Welche Trends könnten den deutschen Pop-Markt in der nächsten Zeit prägen?
Passend zur Eingangsfrage: Ich glaube, dass deutschsprachige Popmusik noch populärer wird. Und dies nicht nur auf ein Genre bezogen. Pop, Rock, Rap und Dance etc. schließe ich da mit ein.