Nach der Kritik an den von Media Broadcast kalkulierten Verbreitungskosten und langen Laufzeiten im bundesweiten Digital Radio-Multiplex bleiben die privaten Bewerber auch nach erfolgter Ausschreibung abwartend. So schätzt Regiocast-Chef Erwin Linnenbach ein: „Zunächst sind die Landesmedienanstalten am Zug. Selbstverständlich werden auch wir Gespräche mit unseren Mitbewerbern führen und uns eine Meinung bilden.“ Hintergrund ist, dass alle zugelassenen Bewerber noch mit Media Broadcast über die Rahmenbedingungen der Verbreitung verhandeln müssen.
Ein Drittel der nationalen Digital Radio-Kapazitäten wurde vor der Ausschreibung bereits dem Deutschlandradio mit seinen drei Programmen zugeordnet. Dessen Intendant, Dr. Willy Steul, kommentiert das Beteiligungsergebnis zurückhaltend optimistisch: „Für eine Bewertung ist es zu früh. Es ist ja noch zu prüfen, wie valide die einzelnen Bewerbungen sind, auch ihre wirtschaftliche Basis. Allerdings zeigt die Anzahl der Bewerbungen, dass mehr Musik in der Sache steckt, als manche glaubten.“
Die Initiative Marketing Digital Radio (IMDR) sieht sich hingegen bestätigt. Ihr Vorsitzender Michael Richter sagt: „Die Zahl der Bewerber bekräftigt unsere Einschätzung, dass der Gedanke, neue Radioprogramme bundesweit auszustrahlen, doch sehr attraktiv für Radioveranstalter und deren Gesellschafter ist. Die Namen der Bewerber lassen vermuten, dass die Radiohörer bald auch eine Reihe attraktiver Spartenprogramme über Digital Radio zu hören bekommen. So etwas wäre im UKW niemals möglich gewesen.“
Zufrieden zeigt sich auch Media Broadcast-CEO Helmut Egenbauer: „Besonders die Bewerbung neuer Player aus dem Verlags- und Medienumfeld ist in unseren Augen ein sehr gutes Zeichen und war sicherlich für manchen Radioveranstalter eine Überraschung. Die Namen der genannten Veranstalter lassen einen interessanten Angebotemix erwarten, so dass eine grundlegende Voraussetzung für einen erfolgreichen bundesweiten Multiplex – nämlich neue und interessante Programme – gegeben zu sein scheint.“
So hat sich der Süddeutsche Verlag für „Süddeutsche Zeitung Radio“ beworben, um auf möglichst vielen Kanälen präsent zu sein: „Da ‚SZ‘ im Print, Online und TV bereits vertreten ist, ist Radio die logische Schlussfolgerung. Und ein deutschlandweites Radio korrespondiert dabei mit dem nationalen Anspruch der SZ.“ Damit könnte der neue Sender durchaus zur Konkurrenz für die öffentlichrechtlichen Wortprogramme werden. „SZ-Radio ist als unterhaltsames Wortradio geplant, mit Musik zur Auflockerung“, so ein Sprecher des Verlages.
Ob im weiteren Zuteilungsverfahren eine Auswahlentscheidung nötig wird, entscheidet die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) frühestens auf ihrer nächsten Sitzung am 20. April. Da es unter den Medienanstalten keine einheitliche Meinung zu DAB+ gebe, bedürfe es einer intensiven Abstimmung, sagte ein Sprecher der ZAK gegenüber dem Meinungsbarometer Digitaler Rundfunk. Auch die landesweiten Digital Radio-Ausschreibungen sollten bis dahin ausgewertet werden. Deren Ausgang könne Einfluss auf den Zeitplan von Media Broadcast für den Ausbau der landesweiten und nationalen Sendenetze haben.