Während in Deutschland über die Zukunft des digitalen Antennenfernsehens gestritten wird, sehen Experten auch Auswirkungen auf den terrestrischen Hörfunk und besonders für Digitalradio. „Natürlich hängt alles mit allem zusammen“, so Helmut G. Bauer. Der Rechtsanwalt gehört zu den Pionieren des privaten Rundfunks in Deutschland und befasst sich heute in seiner Arbeit insbesondere mit der Rundfunkinfrastruktur und neuen Medientechnologien. „Die Einnahmen an einem Sendestandort werden im Wesentlichen durch die TV- und zu einem geringeren Anteil durch die Radioverbreitung und Mobilfunkangebote erzielt. Dabei richtet sich die jeweilige Kostenstruktur an einem Standort nach den baulichen Gegebenheiten und den eingesetzten Antennenanlagen. Erschwerend kommt dabei hinzu, dass die Media Broadcast und die DFMG Deutsche Funkturm GmbH für die privaten Sender und die öffentlich-rechtlichen Sender im Osten Deutschland eine monopolartige Struktur beim Angebot von Sendestandorten aufweist“, so Helmut G. Bauer.
Bauer geht bei einem Ende der DVB-T-Ausstrahlung von Einnahmeverlusten zwischen 30 und 40 Prozent aus. Sollten die Media Broadcast und die DFMG nun die Kosten auf die Hörfunksender (UKW und DAB+) umlegen wollen, müssten hier die Verträge grundsätzlich angepasst werden. „Beim bundesweiten DAB+ Multiplex besteht momentan keine Möglichkeit, den Preis zu erhöhen, da die Verträge mit einer Laufzeit von zehn Jahren geschlossen wurden“, sagt Bauer. Eine Verteuerung sei daher zunächst eher bei den UKW-Frequenzen möglich, wo die Verträge zu unterschiedlichen Zeitpunkten auslaufen. „Da in der Regel mehrere UKW-Sender an einem Standort vorhanden sind, würde ein Wechsel der Sender in einen DAB-Multiplex nicht nur Kosten senken, sondern auch den Analog-Digitalumstieg beschleunigen“, ist sich Helmut G. Bauer sicher.
„Auch wir sind an stabilen Vertragsbeziehungen interessiert“, bekräftigt Bernd Kraus, Vorsitzender der Media Broadcast-Geschäftsführung. „Dazu gehört auch unser Interesse, einen eigenen digitalen terrestrischen Übertragungsweg sowohl für Fernsehen als auch für Hörfunk zu erhalten. Dass Radio nur noch im Internet stattfinden könnte, ist keine Perspektive.“
Neben der wirtschaftlichen Seite müssten auch Fragen des Verbraucherschutzes Beachtung finden, heißt es aus der Medienpolitik. „Bei der DVB-T-Abschaltung stellt sich die Frage: Kann ich jeden zehnten Haushalt vom TV-Empfang abschneiden? Ökonomisch mag das sinnvoll sein, sozial nicht“, sagt Dr. Carsten Brosda, Leiter des Amtes für Medien in der Hamburger Senatskanzlei. Gleichzeitig räumt er ein, dass man sich mit den Auswirkungen einer DVB-T-Abschaltung auf den digitalen Hörfunk noch nicht so intensiv befasst habe. „DAB+ spielt hier im Norden noch eine untergeordnete Rolle.“