Der RMV hat den ersten brennstoffzellengetriebenen Regionalzug der Welt auf die Reise geschickt. Ist das der Durchbruch für eine neue Technologie auf der Schiene oder bleibt der komplett CO2-freie Schienenverkehr eine Vision?
Der Durchbruch ist es noch nicht, aber ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn der Schienenverkehr, der per se ja energiegünstiger ist als der Straßenverkehr, CO2frei werden soll, gibt es 2 Möglichkeiten: entweder wird das gesamte Streckennetz mit einer Oberleitung versehen wie in der Schweiz und der Strom hierfür wird CO2frei erzeugt oder die Züge werden direkt CO2frei angetrieben. Alle Varianten sind dabei realistisch. Für den CO2freien Antrieb stehen hier 3 Möglichkeiten zur Verfügung:
A) der elektrische Antrieb des Zuges wird Batterien gespeist
B) der elektrische Antrieb des wird von Brennstoffzellen versorgt
C) ein Verbrennungsmotor wird mit einem Brennstoff versorgt, bei dessen Verbrennung kein CO2 entsteht, wie z.B. Wasserstoff
Für die Praxis sind die beiden elektrischen Varianten nach Experten sinnvoll und werden auch getestet. Der RMV ist mit dem Brennstoffzellenzug an führender Stelle dabei.
Hoffen Sie bundesweit auf Nachahmer-Projekte? Wären Wasserstoff-Antriebe grundsätzliche für alle Typen von Schienenfahrzeugen geeignet? (Regionalverkehr, ICEs, Güterverkehr)
Neben verschiedenen Versuchen mit batterieelektrischen Zügen testet auch Niedersachsen zusammen mit der EVB (Verkehrsbetriebe Elbe-Weser) zwischen Buxtehude – Bremervörde – Bremerhaven und Cuxhaven Brennstoffzellen-Züge. Grundsätzlich können alle Züge mit Wasserstoff-Brennstoffzellen verkehren. Je größer und schwerer die Züge aber sind, umso größer und schwerer werden auch die Brennstoffzellen-Anlagen, so dass bei ICE-Zügen und langen Güterzügen der Oberleitungsbetrieb deutlich kostengünstiger wird, zumal auch der Wirkungsgrad so besser ist. Sinnvoll ist der Einsatz von Brennstoffzellen-Zügen in regionalen Personenzügen auf Zweigstrecken, wie auch in der Verteilung von Güterwagen in der Region
Welche bahntechnischen und ggf. rechtlichen Hürden gibt es noch beim Thema Wasserstoffantrieb?
Grundsätzlich gibt es keine besonderen bahntechnischen Hürden beim Einsatz von Wasserstoff-Brennstoffzellen. Der Antrieb muss sich im Alltag bewähren und der Wasserstoff in seinem Tank sicher sein. Hier kann man auch auf die Erfahrungen aus dem U-Boot-Bau zurückgreifen, wo die Brennstoffzellen schon längere Zeit eingesetzt werden. Rechtlich bedarf es der Zulassung durch das Eisenbahnbundesamt, diese wird nur erteilt werden, wenn sich die Antriebsform als sicher herausgestellt hat. Für den Betrieb der Wasserstofftankstellen sind die aus der Chemieindustrie bekannten Sicherheitsnormen einzuhalten, die aufgrund der leichten Entzündbarkeit von Wasserstoff hoch sind. Da der Transport von Wasserstoff über weite Strecken aufwändig ist, macht es Sinn den Einsatz dort vorzusehen, wo Wasserstoff günstig verfügbar ist, wie im Raum Frankfurt als „Abfallprodukt“ der chemischen Industrie oder in Küstenregionen, wo „überflüssiger“ Windstrom zur Gewinnung von Wasserstoff durch Elektrolyse eingesetzt werden kann
Was erwarten Sie von Bund und Ländern in Bezug auf den CO2-freien Schienenverkehr? Braucht es hier ggf. gesetzgeberische Maßnahmen?
Bund und Länder müssen sich stärker als bisher für den CO2 freien Bahnverkehr engagieren und dieses planvoll:
A) Es bedarf eines Plans, welche Strecken noch zu elektrifizieren sind, hier geht es vor allem um Hauptstrecken für den Personen- und Güterverkehr. Elektrifizierung und Ausbau der Südbahn (Ulm – Friedrichshafen)in Baden-Württemberg und der Strecke München – Lindau gehen in die richtige Richtung. Sinnvoll ist es u a weiter: Lübeck – Bad Kleinen; Elmshorn – Westerland; Dresden – Görlitz; Hof – Regensburg/ Nürnberg; München – Mühldorf – Chemiedreieck
Dieses muss mit vereinfachten Planfeststellungsverfahren möglichst schnell umgesetzt werden, Alternativ-Varianten gibt es hier kaum
B) Die CO2 freie Stromerzeugung muss forciert werden
C) Die begonnen Tests für CO2 Schienenfahrzeuge müssen zügig durchgeführt werden