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Begrenzungen für Öffentlich-rechtliche überprüfen

Wie das duale System zukunftsfest werden kann

Steffen Flath, Vorsitzender des MDR-Rundfunkrats und Vorsitzender der ARD-Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) Quelle: MDR/Axel Berger Steffen Flath Vorsitzender MDR-Rundfunkrat 27.07.2017
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Der MDR-Rundfunkrats-Vorsitzende Steffen Flath fordert, "die Medienregulierung insgesamt konvergent auszugestalten und die derzeitige Unterscheidung anhand der Verbreitungsart und des Ausspielwegs weitgehend aufzuheben." Flath, der auch der ARD-Gremienvorsitzendenkonferenz vorsteht, würde den Auftrag für die öffentlich-rechtlichen Rundfunk daher gern medienübergreifend und allein inhaltsbezogen sehen.







ProSiebenSat.1-Vorstand Conrad Albert hat Gebührengelder für private Sender gefordert, da diese den ein Teil der Grundversorgung übernehmen würden. Wie stehen Sie dazu?
Öffentlich-rechtliche und kommerzielle Rundfunkanbieter sind zwei unterschiedliche Mediensysteme mit jeweils eigenen Funktionen, Verantwortungen und auch Zielsetzungen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat den Auftrag, für die gesamte Bevölkerung aus den Bereichen Information, Kultur, Bildung und Unterhaltung Inhalte anzubieten und damit einen Beitrag zur Meinungsbildung zu leisten. Diesen Auftrag erfüllen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit ihren vielfältigen Angeboten in staatsferner Organisation und unabhängig von wirtschaftlichen Interessen. Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus gemeinschaftlichen Mitteln ist ein wesentliches Element zur Sicherung dieser Unabhängigkeit. Mit dieser Leistung bildet der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine verlässliche Säule des dualen Rundfunksystems und die Voraussetzung dafür, dass kommerzielle Anbieter als weitgehend frei von inhaltlichen Vorgaben ein gewinnorientiertes Angebot veranstalten können.

Inhalte des kommerziellen Systems über gemeinschaftliche Mittel zu finanzieren, würde meines Erachtens einen erheblichen Eingriff in die duale Rundfunkordnung darstellen, der sich letztendlich negativ auf den Prozess der Meinungsbildung auswirken könnte. Die im vorgeschlagenen Modell vorgesehene Bewertung von Sendungsinhalten und ihrer Finanzierung ist sowohl mit Blick auf die Programmautonomie als auch hinsichtlich der Konstanz und Verlässlichkeit der Angebote zweifelhaft.

Namentlich die junge Zielgruppe wird nach Ansicht Alberts mit Informationen vornehmlich von den Privaten versorgt, da die Öffentlich-rechtlichen diese Zielgruppe kaum anspreche. Sehen Sie ARD und ZDF da stärker in der Pflicht?
Anders als von Herrn Albert dargestellt erreichen die öffentlich-rechtlichen Nachrichtenformate auch viele jüngere Nutzerinnen und Nutzer. So erreichte die „Tagesschau“ um 20 Uhr laut Information des NDR im ersten Halbjahr 2017 bei den 14- bis 29- Jährigen im Durchschnitt 360.000 Zuschauerinnen und Zuschauer und damit mehr als die von Herrn Albert genannte Sendung „ProSieben Newstime“.

Auch über die Nachrichtenangebote hinaus muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk Inhalte anbieten, die auch für jüngere Nutzerinnen und Nutzer attraktiv sind und mit denen er auch bei ihnen seinem Auftrag gerecht wird. Dies bedeutet auch, dass er alle relevanten Ausspielwege nutzen können muss. Mit der Beauftragung des Jungen Angebots im Rundfunkstaatsvertrag ist diese Möglichkeit für ARD und ZDF in Bezug auf die jüngere Zielgruppe nun gegeben und wird mit „funk“ erfolgreich umgesetzt. Die Gremien der ARD-Rundfunkanstalten werden die Entwicklung weiter aufmerksam begleiten und setzen sich zudem dafür ein, dass der öffentlich-rechtliche Telemedienauftrag insgesamt zeitgemäß ausgestaltet wird. Die nach wie vor bestehenden Begrenzungen öffentlich-rechtlicher Angebote im Internet sind vielfach nicht sachgerecht und sollten im Rahmen der derzeitigen Novellierung des Rundfunkstaatsvertrages dringend überprüft werden.

Eine Anregung ist es, Gebühren nicht an Institutionen, sondern am Inhalt zu orientieren. Wie könnte eine Förderung „gesellschaftlich relevanter“ Medien-Inhalte aussehen?
Sachgerechter wäre es meines Erachtens, die Medienregulierung insgesamt konvergent auszugestalten und die derzeitige Unterscheidung anhand der Verbreitungsart und des Ausspielwegs weitgehend aufzuheben. Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hieße das insbesondere, dass sein Auftrag medienübergreifend und allein inhaltsbezogen festgelegt würde. Der hierzu aus der Staatskanzlei des Landes Schleswig-Holstein kommende Vorschlag des sogenannten „ABC-Modells“ geht ebenfalls in diese Richtung. Wir werden uns in der GVK näher mit diesen Überlegungen befassen.

In dem Interview kritisiert Albrecht Art und Umfang des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland auch insgesamt. Sehen Sie Reformbedarf?
Die Länder haben im vergangenen Jahr einen umfassenden Strukturreformprozess der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten angestoßen, die Rundfunkanstalten legen bis Ende September ihre Überlegungen zu den aufgeworfenen Fragen vor. Die GVK begleitet diesen Prozess von Beginn an und bringt sich mit eigenen Positionen ein. Maßstab aller Reformüberlegungen muss nach unserer Ansicht die Erfüllung des gesellschaftlichen Auftrags durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und der Erhalt der programmlichen Vielfalt sein. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk leistet durch seine Angebote gerade in der heutigen Zeit einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung, dies muss auch in Zukunft durch entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen und auch eine bedarfsgerechte Finanzierung sichergestellt werden.

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