Menue-Button
Interview

BLM-Präsident: „Radiobranche muss sich auf das Mediennutzungsverhalten der Jugend einstellen“

Siegfried Schneider, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) Quelle: BLM Alexander Hiller Redakteur Meinungsbarometer.info 20.10.2014

Herr Schneider, was zeichnet den Medienstandort Bayern im Jahr 2014 aus? Wo steht Bayern  m Vergleich zu anderen Ländern und welche Strategien verfolgt die BLM für einen erfolgreichen Medienstandort?

Schneider: Ob Print, Rundfunk, Film, Games, Infrastruktur oder Internet – kein anderer Medienstandort in Deutschland ist so vielfältig aufgestellt wie Bayern. Bestätigt wird das immer wieder durch aktuelle Studien, wie z.B. der Untersuchung zur Wirtschaftlichkeit des Rundfunks in Deutschland. Allerdings erleben wir derzeit radikale Umbrüche, die nicht nur die Medienwirtschaft betreffen. Inzwischen hat die Digitalisierung alle Bereiche unserer Gesellschaft erfasst. Es geht um eine zunehmende Verschmelzung der Medienwirtschaft mit anderen Wirtschaftsbereichen. Das bedeutet auch eine fortschreitende Transformation bisheriger Wertschöpfungsstrukturen durch die Schaffung neuer Serviceangebote, crossmedialer Anwendungen und neuer Geschäftsmodelle. Bayern ist nach wie vor eine Gründerhochburg im Informations- und Kommunikationsumfeld in Deutschland. Dieser Bereich soll in Zukunft noch stärker gefördert werden. U.a. durch das Förderprogramm „Neue Breitbandrichtlinie“, die den Breitbandausbau im ländlichen Raum in Bayern mit 1,5 Mrd. Euro unterstützen wird, durch ein „Zentrum Digitalisierung Bayern“, das u.a. neue digitale Geschäftsmodelle kreieren soll, durch einen „Wachstumsfonds Bayern“, der die Finanzierungschancen von Start-ups verbessern soll und durch den weiteren Ausbau des WERK1 Bayern, das schon jetzt ein Hotspot der digitalen Gründerszene ist.

Das aktuelle Programm der Medientage München offenbart eine Radiowelt im Umbruch mit vielen technischen Neuerungen, die die Branche verändern. Themen sind u.a. mobile Nutzung, DAB+, personalisiertes Radio und Musik-Streaming. Was kommt in den nächsten Jahren auf die Radiomacher aber auch auf die Regulierer zu?

Das Ende der Fahnenstange ist im Radiobereich mit dem Web noch längst nicht erreicht. Wer denkt, sein Programm im Netz zu streamen reicht, unterschätzt die Situation. Themen wie die Personalisierung und crossmediale Erstellung von Inhalten werden die Radiomacher in der Zukunft täglich beschäftigen. Die Radiobranche muss sich auf das Mediennutzungsverhalten der Jugend einstellen, sonst bleibt sie auf der Strecke. Man kann aktuell erkennen, dass die Branche viel stärker technikgetrieben ist als noch vor einigen Jahren. Radiostationen haben heutzutage mehr zu leisten. Das betrifft alle Bereiche, von der Redaktion bis hin zum Marketing. Besonders will ich hier auch die Ausbildung der jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hervorheben. Ohne das passende Werkzeug und gut ausgebildete Redakteure wird es schwer, innovative Ideen umzusetzen. Was die Regulierung angeht, muss man auch im Hörfunk den richtigen Mittelweg fi nden zwischen einer grundsätzlichen Deregulierung einerseits und der Sicherung der lokalen und regionalen Vielfalt andererseits.

Die BLM erstellt derzeit ein „Hörfunk- Konzept 2020“? Worum wird es grundsätzlich in dem Papier gehen?

Der Hörfunk privater Anbieter in Bayern wird im Jahr 2015 30 Jahre bestehen. Charakteristisch für die Lokalradiolandschaft im Freistaat ist die einzigartige Vielfalt und Vielzahl an Radioangeboten sowohl in den städtischen als auch in ländlich geprägten Versorgungsgebieten. Zur Sicherung der bisherigen Erfolge und einer stabilen Positionierung im digitalen Wettbewerbsumfeld gilt es, mögliche Zukunftsperspektiven zu erörtern, aus programmlicher, rechtlicher, technischer und medienwirtschaftlicher Sicht zu analysieren und vor allem mögliche Entwicklungstendenzen und Innovationsstrategien daraus abzuleiten. Die BLM will dieser Anforderung mit dem Konzept „Hörfunk 2020“ gerecht werden. Das Konzept soll Entwicklungsperspektiven für den privaten Hörfunk in Bayern aufzeigen und notwendige Handlungsempfehlungen erarbeiten.

Welche Erkenntnisse liefert bereits heute der BLM- und BVDW Webradiomonitor 2014, der im Rahmen der Medientage vorgestellt wird. Wie kommt Bayern beim Thema Internetradio und Online-Audio-Inhalte weg?

Der Webradiomonitor 2014, den wir in diesem Jahr erstmals gemeinsam mit dem Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) beauftragt haben, macht Aussagen zum gesamten deutschen Audio Online Markt, nicht jedoch zu einzelnen Bundesländern. Zentrales Ergebnis der Studie ist, dass der Online-Audiokonsum weiter stark wächst. Die Audio Online Anbieter sind entsprechend auch mit ihren Abrufzahlen zufrieden oder sogar sehr zufrieden; das sagen immerhin 71 %. Hintergrund dieser wachsenden Online Audio-Nutzung ist auch eine Professionalisierung der Angebote, z.B. wurden wichtige Schritte auf dem Weg zu einer einheitlichen Reichweitenmessung unternommen. Die größten Treiber für Online Audio sind weiterhin die rasant steigende Verbreitung von Smartphones und Tablets in Verbindung mit einer wachsenden Verfügbarkeit von schnellen mobilen Datenverbindungen. Viele Webradio- Anbieter glauben, dass diese Entwicklung bis 2015 durch mobiles Breitband und LTE weiter beschleunigt wird. Bereits heute erfolgt ein Drittel aller Abrufe von Online-Audioangeboten über mobile Endgeräte. Diese Faktoren führen dazu, dass auch die Brutto-Werbeumsätze voraussichtlich stark wachsen werden. So wird für 2015 eine Steigerung der Bruttoinvestitionen in Audiostream-Werbung um über 50 % prognostiziert. Das zeigt, dass alle Radioanbieter gut beraten sind, sich auch online gut aufzustellen. Die gesamten Ergebnisse des Webradiomonitors wird es auf den Münchner Medientagen geben.

Bayern gilt auch beim Thema Digitalradio seit vielen Jahren als ein Vorreiter. Welche Entwicklungen erwarten Sie künftig und was ist im Hinblick auf die letzte Funkanalyse Bayern noch zu tun?

Wir werden sowohl die regionalen Netze als auch das landesweite DAB-Netz im kommenden Jahr weiter ausbauen. Was das landesweite Netz 12D angeht, ist eine weitere Inbetriebnahme eines Senders und Leistungserhöhungen bestehender Sender geplant. Auch in den lokalen DAB-Versorgungsgebieten wird sich im kommenden Jahr einiges tun. Auch hier sind neue Inbetriebnahmen geplant. In Zukunft sollen alle Regionalnetze mit zwei Sendern versorgt werden. Zudem denken wir aktuell über Kooperationen mit dem BR nach bzgl. einer gemeinsamen Ausbaustrategie und Kapazitätsnutzung für DAB in den nächsten Jahren.

Große Veränderungen stehen auch in der Fernsehterrestrik mit der Migration auf DVB-T2 bevor. Wird Bayern den ambitionierten Einführungs-Zeitplan des Bundes einhalten und gibt es noch Frequenzabstimmungsbedarf mit den Nachbarländern Österreich und Tschechien?

Auch in Bayern werden die DVB-T2-Ausstrahlungen parallel zu den anderen Gebieten im Bundesgebiet voraussichtlich ab 2016 beginnen. Nachdem bisher schon in Bayern terrestrische DVB-T Nutzungen vorhanden waren, besteht kein frequenztechnischer Engpass und zusätzlicher Abstimmungsbedarf mit den Nachbarstaaten. Es ist davon auszugehen, dass alle in Bayern geplanten DVB-T2-Standorte (Augsburg, Würzburg, Nürnberg, Regensburg und München) parallel mit den anderen Standorten im Bundesgebiet in Betrieb gehen können.

UNSER NEWSLETTER

Newsletter bestellen JETZT BESTELLEN

■■■ DIESE FACHDEBATTEN KÖNNTEN SIE AUCH INTERESSIEREN

Uwe Rempe

INITIATOR
Uwe Rempe
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info

Dipl.- Journ. Thomas Barthel

INITIATOR
Dipl.- Journ. Thomas Barthel
Founder & Herausgeber
Meinungsbarometer.info

Simone Ulrich

INITIATORIN
Simone Ulrich
Freie Journalistin
Meinungsbarometer.info

ÜBER UNSERE FACHDEBATTEN

Meinungsbarometer.info ist die Plattform für Fachdebatten in der digitalen Welt. Unsere Fachdebatten vernetzen Meinungen, Wissen & Köpfe und richten sich an Entscheider auf allen Fach- und Führungsebenen. Unsere Fachdebatten vereinen die hellsten Köpfe, die sich in herausragender Weise mit den drängendsten Fragen unserer Zeit auseinandersetzen.

überparteilich, branchenübergreifend, interdisziplinär

Unsere Fachdebatten fördern Wissensaustausch, Meinungsbildung sowie Entscheidungsfindung in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Gesellschaft. Sie stehen für neue Erkenntnisse aus unterschiedlichen Perspektiven. Mit unseren Fachdebatten wollen wir den respektvollen Austausch von Argumenten auf Augenhöhe ermöglichen - faktenbasiert, in gegenseitiger Wertschätzung und ohne Ausklammerung kontroverser Meinungen.

kompetent, konstruktiv, reichweitenstark

Bei uns debattieren Spitzenpolitiker aus ganz Europa, Führungskräfte der Wirtschaft, namhafte Wissenschaftler, Top-Entscheider der Medienbranche, Vordenker aus allen gesellschaftlichen Bereichen sowie internationale und nationale Fachjournalisten. Wir haben bereits mehr als 600 Fachdebatten mit über 20 Millionen Teilnahmen online abgewickelt.

nachhaltig und budgetschonend

Mit unseren Fachdebatten setzen wir auf Nachhaltigkeit. Unsere Fachdebatten schonen nicht nur Umwelt und Klima, sondern auch das eigene Budget. Sie helfen, aufwendige Veranstaltungen und überflüssige Geschäftsreisen zu reduzieren – und trotzdem die angestrebten Kommunikationsziele zu erreichen.

mehr als nur ein Tweet

Unsere Fachdebatten sind mehr als nur ein flüchtiger Tweet, ein oberflächlicher Post oder ein eifriger Klick auf den Gefällt-mir-Button. Im Zeitalter von X (ehemals Twitter), Facebook & Co. und der zunehmenden Verkürzung, Verkümmerung und Verrohung von Sprache wollen wir ein Zeichen setzen für die Entwicklung einer neuen Debattenkultur im Internet. Wir wollen das gesamte Potential von Sprache nutzen, verständlich und respektvoll miteinander zu kommunizieren.