Smart Speaker und Sprachassistenten halten immer stärker Einzug in deutschen Haushalten. Was machen Alexa Echo, Google Home & Co. aus Vermarktersicht so attraktiv? Wo sehen Sie im Umkehrschluss Probleme? (Stichwort Datenschutz)
Derzeit erleben wir eine weitere digitale Revolution. Audio entwickelt sich gerade zur kommunikativen Schlüsseltechnologie der Zukunft. Sprachsteuerung liefert die natürlichste und einfachste Interaktion mit der digitalen Welt. Smart Speaker waren dabei 2017 die stärksten Treiber. Nach allgemeinen Schätzungen dürfte spätestens mit dem Weihnachtsgeschäft auch in Deutschland die Millionengrenze von Geräten in den Haushalten überschritten worden sein. In den USA ist der Run auf Smart Speaker noch ausgeprägter, bereits 7 Prozent der Amerikaner haben zu Weihnachten einen digitalen Lautsprecher bekommen, 45 Millionen Geräte sind bereits verkauft worden.
Die Smart Speaker fungieren als Brückentechnologie. Bald wird Sprachsoftware überall in der Wohnung eingebaut sein. Diese Entwicklung ist unaufhaltsam weil Sprache die einfachste Art ist, mit Computern zu kommunizieren. Und ein einfacher Zugang erschafft schnell neue Märkte. Daher nutzen nicht nur Technologiekonzerne Audio als Schnittstelle zum User. Es entstehen auch neue Geschäftsmodelle für Industrie und Dienstleistungen – Stichwort „Voice Interface“ im Bereich Smart Home und „Screenless Buying“ für E-Commerce – sowie neue Möglichkeiten für Werbekunden.
Digitale Audioassistenten verändern das Nutzungs- und Konsumverhalten drastisch. Verbraucher entwickeln bereits heute eine starke Präferenz für die Interaktion mit Unternehmen über Sprachassistenten – ob sie nun als Lautsprecher im Haushalt stehen oder als App im Smartphone oder Connected Car verbaut sind.
Aus Marketingsicht kommen damit sehr spannende Zeiten auf uns zu. Amazon verkündete ja bereits, dass sie an Vermarktungsmöglichkeiten für den Echoarbeiten. Aus gutem Grund: Aus einer gemeinsamen Studie von NPR und Edison Research ging hervor, dass die amerikanischen Smart Speaker-Nutzer, die Zeit, die sie mit unterschiedlichen Medienkanälen verbracht haben, nun verstärkt ihrem smarten Lautsprecher widmen. So gaben 30 Prozent der Befragten an, ihren Smart Speaker anstelle von Fernsehen zu nutzen. Das bedeutet einen spürbaren Drift in Richtung Audiokonsum.
Das Thema Datenschutz wird für die Anbieter von Smart Speaker an Bedeutung gewinnen. Als Nutzer möchte ich wissen, wer welche Aussagen von mir wie lange an welchem Ort und für welchen Zweck speichert. Die derzeitigen amerikanischen Marktführer im Bereich der digitalen Sprachassistenten sind gefordert, die Transparenz zu erhöhen. Hier können sich deutsche Anbieter wie die Telekom positionieren, die mit dem Hinweis auf eine automatische Löschung der Befehle nach 30 Tagen und der Speicherung auf deutschen Servern mehr Einblicke in den Datenschutz geben.
Welche Auswirkungen haben die neuen Endgeräte auf die klassischen Radioformate? (Verschmelzen die Inhalte oder erleben wir künftig einen harten Verdrängungswettbewerb mit offenem Ausgang?)
Die rasante Verbreitung digitaler Sprachassistenten steigert den Audiokonsum insgesamt. Das zeigt sich in der Nutzung der Smart Speaker, einige etablierte Radiosender sind z.B. heute schon unter den Top 10 Anwendungen bei Amazon Echo.
Spannend ist die Frage, wie sich die Nutzung über Smart Speaker verändert. Heute dominieren die linearen Audioangebote der Radiomarken als Tagesbegleiter, d.h. wir hören Musik, Nachrichten, Wetter und Verkehrsinformationen. In der Welt digitaler Assistenten ist die Nutzung viel selektiver und vielseitiger. Über Smart Speaker kann ich Musikformate auswählen, Nachrichten zu ganz unterschiedlichen Themen abrufen, Wissensfragen stellen und somit das Audioangebot für mich personalisieren.
Hier sind die etablierten Audioanbieter gefordert, entsprechende Inhalte über digitale Sprachassistenzen auf Abruf und einzeln – d.h. nicht linear - nutzbar zu machen. Zudem wird sich die Anzahl der Content-Anbieter über Smart Speaker erhöhen. Viele klassische Verlagshäuser arbeiten derzeit an Strategien, wie sie ihre gedruckten Inhalte in Sprachassistenten zur Verfügung stellen. Der Launch zahlreicher Podcast-Angebote von klassischen Medienmarken in den letzten Monaten zeigt, dass der Trend zu auditiver Nutzung von den Verlagen bereits mit entsprechenden Angeboten umgesetzt wird. Aus Nutzersicht bieten sich hier zahlreiche neue Audio-Inhalte, diese werden künftig von einer Vielzahl von Anbietern aus verschiedenen Mediengattungen angeboten werden.
Radiohören bsw. über das klassische Küchenradio ist nach wie vor beliebt. Ist hier Amazons Echo nicht auf Sicht das attraktivere Angebot? Neben Radio- und Musikdiensten bieten die Boxen eine Vielzahl zusätzliche Tools, von Rezepten bis Wetter. Kurz gefragt: überlebt das klassische Küchenradio?
Die neuen Endgeräte bringen viele Features mit, die den Nutzern einen konkreten Mehrwert bieten. Bereits heute können uns Smart Speaker zahlreiche Fragen beantworten und gezielte Inhalte liefern. Die Nutzung über die einfachste Form der Kommunikation – die Sprache – erklärt die rasante Verbreitung von Smart Speakern. So wurden in den USA bereits 35 Millionen Smart Speaker verkauft, in Deutschland mehr als eine Million Geräte im letzten Jahr.
Trotzdem gehe ich davon aus, dass die lineare Nutzung von Audio-Angeboten der Radiomarken unverändert hoch bleiben wird. Für Millionen Menschen ist der tägliche Gang ins Bad morgens mit der gleichen Radioshow oder den ersten Nachrichten und Verkehrsfunk verbunden. Auf dem Weg zur Arbeit, bei der Arbeit, auf dem Weg nach Hause, Audio ist nach wie vor aufgrund der Reichweite und mit vier Stunden täglicher Nutzungsdauer Tagesbegleiter. Durch neue Inhalte über die digitalen Sprachassistenten werden neben dem linearen Audiokonsum zusätzliche Nutzungssituationen geschaffen. Die neuen Online Audio-Angebote ergänzen die klassischen Radio-Angebote, werden diese aber nicht vollständig ersetzen.
Welche Tools gibt es aus Vermarktersicht, um den wachsenden individuellen Hör- und Nutzergewohnheiten noch besser nachzukommen?
Aus Vermarktersicht ergeben sich derzeit neue und faszinierende Möglichkeiten, die Nutzer über werblichen Botschaften anzusprechen. Wir werden im Laufe des Jahres in der Lage sein, die Nutzer von Online-Audio-Angeboten nach Merkmalen wie Soziodemographie und Kaufinteresse anzusprechen – und das datenschutzkonform. Bereits heute haben wir mit Werbekunden aus den Branchen Handel und Automobil Online Audio-Spots umgesetzt, die eine personalisierte Ansprache der Hörer ermöglicht. So werden Audio-Spots z.B. je nach Ort, Wetter oder benutztem Smartphone individuell für den User ausgespielt.
Derzeit planen wir erste Kampagnen mit der Logik von Sprachassistenten. Online Audio-Spots bieten dann eine Response-Möglichkeiten, d.h. als Nutzer kann ich direkt während eines laufenden Audio-Spots über einen mündlichen Befehl eine Interaktion auslösen. Somit können Werbekunden dem Hörer direkt einen Voucher schicken, auf eine Website leiten, eine E-Mail schicken etc. Hier gilt für Werbekunden, dass durch die einfache Nutzung durch Spracheingabe sich ganz neue Interaktionsmöglichkeiten für Marken ergeben. Wir sind der festen Überzeugung, dass Online Audio sich innerhalb der Mediengattungen zum spannendsten Interaktionskanal für Marken entwickeln wird.