Die Forderung nach einer Ausweitung der Werkeinstellzeiten über die bisher für fiktionale Produktionen üblichen 7 Tagen ist gesellschaftlich virulent und deshalb politisch en vogue. Zuletzt wurde sie durch NRW-Ministerpräsidentin Kraft auf dem Medienforum in Köln öffentlichkeitswirksam wiederholt. Sie bezieht sich dabei auf den Prüfauftrag, den einige Landtage an die Medienkommission der Länder gerichtet haben, eine zeitliche Entgrenzung der Mediatheken vorbehaltlos zu prüfen. Der Landtag NRW fügte allerdings hinzu: dies sei zu verbinden sei mit einer angemessenen Vergütung für Urheber und Produzenten.
Die medienpolitische Diskussion konzentriert sich auf zukünftige Änderungen. Weitgehend unbeachtet blieb, dass ARD und ZDF schon heute ihre Mediathekenals eigenständige, zum Teil der Sendung vorausgehende non-lineare Abspielplattformen aufrüsten – und dies in einem Rahmen, der weit über den so genannten 7-Day-Catch-Up hinausgeht, der ein kurzfristiges Nachholen versäumten Programms in einem nonlineren Medium erlaubt. Die Urheber erhalten für diese rechtlich gesehen eigenständige Nutzungsart in der Regel oft keine oder wenn, dann eine marginale Vergütung.
Fiktionale Fernsehfilme, die nicht angekauft sind, können bereits heute bis zu 30 Tage in den Mediatheken von ARD und ZDF eingestellt, Serienfolgen bis zu 60 Tage nach Ausstrahlung der letzten Staffelfolge vorgehalten werden, nicht abgeschlossene Serien damit quasi unbegrenzt. Unbegrenzt ist auch die online-Verbreitung auch räumlich und geht damit allein technisch weit über die Reichweite der Sendung hinaus.
Sowohl die tarifvertraglichen Abmachungen als auch Vergütungsregeln sind von anderen Voraussetzungen ausgegangen. Die dort vorgesehenen, viel zu niedrig angesetzten Vergütungen wurden von den Gewerkschaften und Urheberverbänden unter Druck der Sender und in Tauschgeschäften, vor allem aber stets unter der 7 Tage-Maßgabe akzeptiert. Der Vergütungssatz von 4,5 % orientiert sich hierbei an einem Tarif aus dem Jahr 2001, als die online-Nutzung nur für die Veröffentlichung von Begleitmaterialien wie z. B. Originaldrehbüchern, Begleittexten, Fotos vorgesehen waren. Die online-Nutzung des Werkes selbst war damals technisch kaum vorstellbar. Die zeitliche Begrenzung der Mediatheken-Einstellung fiktionaler TV-Filme auf 7 Tage scheint sich angesichts der in den letzten Monaten erkennbar erweiterten Einstell-Möglichkeiten, die ARD und ZDF aufgrund der hauseigen genehmigten Telemedienkonzepte extensiv nutzen, als Phantasma herauszustellen. Das Telemedienkonzept des ZDF sieht bereits weit darüber hinaus gehende Verweildauer vor. Durch diese Extensivierung der Werknutzung in Mediatheken wird die Geschäftsgrundlage der bestehenden Rechteübertragungs-Klauseln, vor allem aber der Vergütungsabreden bedroht. Hier bedarf es neuer Lösungsansätze.
Der BVR fordert die öffentlich-rechtlichen Sender auf, die Urheber angesichts der Ausweitung non-linearer Programmangebote endlich angemessen und fair als eigenständige Nutzungsart zu vergüten. Der entsprechende Finanzbedarf ist bei der KEF anzumelden. Lineare und non-lineare Nutzungsarten können nicht gegeneinander aufgerechnet und mit Einmalzahlungen pauschal abgegolten werden. Die Vergütung für die Verwertung in Mediatheken oder on demand-Diensten muss sich vielmehr an Art, Dauer, Intensität und Reichweite orientieren. Dabei ist auch der Substitutionsgehalt gegenüber anderen Medien zu berücksichtigen, d. h. die Kompensation von Einnahmeeinbußen durch entfallende Honorare oder Erlösbeteiligung durch Wegfall von Sendewiederholungen und die Verringerung der Verwertungschancen in den Bereichen DVD, VoD und Pay TV.
Die bereits praktizierte Ausweitung der Programmeinstellung und die Nutzung der Mediatheken als der Sendung vorausgehende Abspielkanäle macht die Einräumung eines lizenzfreien Korridors von bis zu 7 Tagen obsolet. Eine Vergütung ist stets ab dem ersten Tag der Nutzung zu entrichten, und sie umfasst nur einen definierten Einstellzeitraum. Längere Verweildauer löst weitere Vergütung aus. Nur so wird der vom 12. Rundfunkstaatsvertrag 2009 und vom Urheberrecht bereits 2002 normierte Grundsatz der angemessenen Vergütung für jede Nutzungsart eingelöst. Kein Urheber wird sich dann dagegen sträuben, dass sein Werk vielfältig in digitalen Medien genutzt wird, wenn er dafür eine fair ausgehandelte Vergütung erhält.