Direkt vor meiner Nase schnappt mir ein Herr in schwarzem Anzug die letzte 3D-Brille weg. Enttäuscht halte ich meine persönliche Premieren-Einladung zum offiziellen 3D-Start des Fernsehsenders „Sky“ in der Hand. Mit mir drängen sich rund 100 Messebesucher der Medientage in München am Sky-Stand vor den großen Bildschirmen und wollen den offiziellen 3D-Start nicht verpassen. Doch ohne 3D-Brille hat diese Premiere für mich jeden Spaß verloren, zumal der Blick auf die großen Bildschirme mit bloßem Auge nur unscharfe Bilder erkennen lässt. Ich besinne mich einer weiteren 3D-Ankündigung. Am Stand der Bayern Digital Radio (BDR) – so heißt es in der offizielle Einladung – könne man 3D-Bilder ganz ohne Brille sehen. Der Clou daran: Die Bilder würden mittels Digital Radio (DAB) auf den Bildschirm transportiert. Ist das Ganze nur ein PR-Gag? Oder steht dahinter eine große Idee, die die Rundfunkwelt verändert?
Ich stelle mich am Stand der Bayern Digital Radio vor den großen 3D-Bildschirm, die Fachleute nennen ihn „Multiview-Display“. Sofort erkenne ich die dreidimensionalen Bilder zum Greifen nahe. Ein Elefant streckt seinen langen Rüssel in meine Richtung aus, ein Auto ist aus allen Perspektiven erkennbar. Meine Augen werden zunächst von einer kleinen Kamera erfasst, die direkt unter dem Bildschirm steht. Das erklärt Dr. René de la Barré vom Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut in Berlin. Er ist Miterfinder dieser speziellen 3D-Technologie. Sobald die Koordinaten der Augen registriert sind, werden diese auf den Bildschirm übertragen und die Bildinhalte ordnen sich so an, dass ein authentisches dreidimensionales Bild entsteht. 60 Mal in der Sekunde, also mit 60 Hertz, findet ein derartiger Abgleich statt und die Bilder bewegen sich gleichmäßig und ohne zu ruckeln. „Derzeit entstehen im Zuge von 3D-Produktionen jede Menge Fotos, Spiele und Filme. All diese Produktionen können mittels unserer Entwicklung über diese Multiview-Displays abgespielt werden und der Betrachter kann sie ohne 3D-Brille ansehen“, erklärt Dr. de la Barré.
Dieser Content kann nun auf verschiedenen Wegen vom Produktionsort zum Bildschirm übertragen werden. Mit Hilfe des Fraunhofer IIS in Erlangen konnte der Weg vom Server zum Bildschirm erstmals mittels Digital Radio (DAB) überbrückt werden. „Wir haben damit gezeigt, dass es problemlos möglich ist, 3DInhalte von jedem beliebigen Server zu einem Empfangsgerät mittels DAB zu übertragen“, erklärt Johannes Trottberger, Geschäftsführer der BDR. Das Interesse der Programmveranstalter am Messestand war bereits sehr groß. Jetzt liegt es bei den Veranstaltern, ob sich aus der ersten Begeisterung heraus auch konkrete Geschäftsmodelle entwickeln lassen. Karlheinz Hörhammer, Geschäftsführer bei Antenne Bayern, war insbesondere von der Lebendigkeit der Bilder sehr beeindruckt, bleibt aber auch Realist. Für ihn liegt die Innovation der 3D-Präsentation in der Darstellung der Bilder ohne Brille und weniger in der Übertragung über DAB. Die 3D-Bilder auf DAB-Endgeräten wären seiner Einschätzung nach eine „nette Abwechslung zu normalen Bildern und bringen DAB ein Stück mehr in die Öffentlichkeit“. Ein konkretes Geschäftsmodell kann Hörhammer allerdings derzeit noch nicht erkennen.