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Interview04.12.2019

38 Prozent der jungen Zielgruppen weltweit nutzen illegal Musik

Warum neue Entwicklungen die Branche aber positiv stimmt

Dr. Florian Drücke, Vorstandsvorsitzender Bundesverband Musikindustrie e. V. (BVMI) Quelle: BVMI/Markus Nass Dr. Florian Drücke Geschäftsführer Bundesverband Musikindustrie
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Die legalen Angebote im digitalen Raum sind überzeugend, sie werden sehr gut angenommen", sagt Dr. Florian Drücke, Vorstandsvorsitzender Bundesverband Musikindustrie e. V. (BVMI), mit Blick auf aktuelle Studien. Dennoch trüben einzelne Daten das Bild. Und auch bei der Behandlung bestimmter Plattformen sieht er noch Handlungsbedarf.





Nach einer aktuellen Untersuchung nutzen immer weniger junge Leute illegale Inhalte aus dem Internet – zugleich sind es europaweit immer noch sehr viele. Wie bewerten Sie das?
Positiv, denn es ist natürlich erfreulich, wenn die illegale Nutzung rückläufig ist. An dieser Stelle muss man dann genauer hinschauen, denn hier unterscheiden sich die Nutzungen im Hinblick auf die konkreten Inhalte zum Teil deutlich. Es zeigt sich hier aus Sicht der Branche letztlich zweierlei: Die legalen Angebote im digitalen Raum sind überzeugend, sie werden sehr gut angenommen und sind insofern eine Erfolgsgeschichte unserer Branche, die die Digitalisierung bereits früh umarmt hat! Zum anderen zeigt dies auch, dass das konsequente Vorgehen gegen illegale Angebote Früchte trägt. Es darf nicht außer Acht gelassen werden, welche enormen Anstrengungen die Branche in den vergangenen Jahren unternommen hat, um die illegalen Rechtsverletzungen eizudämmen.

Darüber hinaus darf aber nicht vergessen werden, dass es immer noch sehr viele Menschen gibt, die sich illegal mit Musik versorgen - in einer Zeit, in der das legale Angebot omnipräsänt ist. Nach aktuellen Untersuchungen unseres Dachverbandes IFPI (International Federation of the Phonographic Industry) liegen die Werte im weltweiten Durchschnitt übrigens noch über denen der EUIPO-Studie: über alle Altersgruppen bei 27 Prozent, bei den 16- bis 24-Jährigen sind es sogar 38 Prozent. In jedem Fall stellen Urheberrechtverletzungen also nach wie vor eine echte Bedrohung für die Branche dar, weil nichts zurückfließt an die Kreativen und ihre Partner, die ihre Investitionen also nicht am Markt refinanzieren können.  

Vor allem Preis, Sicherheit und Qualität legaler Angebote überzeugen deren Nutzer – welche Modelle könnten die restlichen Nutzer eventuell überzeugen?
Das Angebot an – auch kostenlos! – zur Verfügung stehender Musik war noch nie so groß wie heute. Unsere Mitgliedsfirmen ermöglichen durch gezielte Lizenzierung den zeit- und ortsunabhängigen Zugang zu inzwischen mehr als 50 Millionen Songs, die Angebote der entsprechenden Audio-Streaming-Dienste werden also immer umfangreicher und auch mit Blick auf die Usability ständig optimiert. Ein möglichst barrierefreier Zugang im Auto oder zuhause im Umfeld von smarten Lautsprechern macht das Angebot für viele noch interessanter. M.E. sind außerdem Themen wie die Netzabdeckung relevant, sprich: Kann ich überall, wo ich mich befinde, problemlos meinen Streaming-Account nutzen oder nicht? Dass wiederum Nutzerinnen und Nutzer illegaler Angebote noch immer das Geld als Grund angeben, mutet angesichts der diversen zur Verfügung stehenden werbefinanzierten Angebote in der heutigen Zeit geradezu grotesk an.
 
Viele Musiker beklagen, dass die Streaming-Plattformen ihnen zu wenig Einnahmen generieren. Inwieweit lassen sich die Interessen der Nutzer und Urheber überhaupt zusammenbringen?
Das ist eine spannende Frage! Dass es zwischen den Interessen der Nutzer und Rechteinhaber gewisse Unterschiede gibt, ist – wenn wir beispielsweise auf die Preisgestaltung schauen – sicher einleuchtend. Gleichzeitig haben wir aber zuletzt im Frühjahr bei der Abstimmung über die EU-Urheberrechtsrichtlinie erlebt, wie viele Menschen in Deutschland sich gegen eine Verbesserung der urheberrechtlichen Rahmenbedingungen ausgesprochen haben. Hier gilt es offensichtlich weiterhin, auf allen gesellschaftlichen Ebenen, über die Arbeitsweise der Kreativbranchen und die dahinter liegende Wertschöpfung aufzuklären. Nur dann können Menschen wahrscheinlich verstehen, wie absurd es ist, sich gegen mehr Verantwortung von Plattformen wie YouTube zu stemmen, denn genau dafür, diese sicherzustellen, ist die Richtlinie konzipiert. YouTube ist mit 2 Milliarden Usern faktisch der größte Musik-Streamingdienst der Welt, stand aber bisher auf dem Standpunkt, noch immer ein „technisch neutraler Dienstleister“ zu sein, der aufgrund einer veralteten Rechtslage für sich in Anspruch nahm, selbst keine Lizenzen zahlen zu müssen. Dabei nutzen nach aktuellen Untersuchungen unseres Dachverbandes IFPI 77 Prozent der YouTube-Besucher den Dienst, um Musik zu hören. Die aktuellen Zahlen des BVMI illustrieren, wie gering nach wie vor die Summe ist, die der Musikkonsum über Video-Streaming zum Branchenumsatz beiträgt – über Dienste also, die der Branche bisher nur einen Bruchteil dessen zahlen, was durch Spotify und andere Audio-Streaming-Anbieter eingenommen wird, die reguläre Lizenzen erwerben: Hier stehen im ersten Halbjahr 2019 weniger als 3 Prozent des Gesamtumsatzes 56,4 Prozent gegenüber, die durch Audio-Streaming erlöst werden. Zum Vergleich: Spotify meldete zum Ende des dritten Quartals 2019 rund 113 Millionen Premium-Kunden. Das kann auch in den Augen der Nutzer kein akzeptables Verhältnis sein, weil es am Ende zu Lasten der Investition in musikalische Vielfalt geht.

Der Dienst Deezer hat angekündigt, (zunächst in Frankreich) die Abrechnung auf ein nutzerbasiertes Modell umzustellen, bei dem die Erlöse an die vom Nutzer die gehörten Künstler ausgeschüttet werden. Wie finden Sie das?
Eine spannende Diskussion, um andere Wege der Abrechnung zu gehen, die letztlich von den Rechteinhabern am Markt entschieden werden muss. Da wir als Verband nicht Teil solcher Verhandlungen sind, ist es für uns in gewisser Weise besonders spannend, aber wir können nicht wirklich bewerten, was sich durch solche Ansätze konkret verändern würde.

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